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Poetische Wandlungen – András Schiff und Yuuko Shiokawa spielen Bach, Beethoven und Busoni

András Schiff, Yuuko Shiokawa
© Barbara Klemm / ECM Records
26.10.2017
András Schiff und Yuuko Shiokawa haben es sich nie leicht gemacht. Es muss schon komplex zugehen, mit überraschenden Rhythmen, differenzierten Harmonien und vieldeutigen Anspielungen, aus denen sich ein musikalischer Dialog entwickeln kann. Sonst springt der Funke nicht über und die nötige Gespanntheit, die für das gemeinsame Musizieren grundlegend ist, baut sich nicht auf. Wenn die komplexen Voraussetzungen ihres Musikverständnisses jedoch erfüllt sind, dann gehen András Schiff und Yuuko Shiokawa aufs Ganze.

Die Kunst des Dialogs: András Schiff und Yuuko Shiokawa

Die beiden ehelich verbundenen Künstler haben bereits mit einem zur Jahrtausendwende bei ECM New Series erschienenen Schubert-Album unter Beweis gestellt, dass sie eine ganz eigene Art des musikalischen Dialogs pflegen. Ihre jeweilige Individualität behalten sie streng bei. Sie begegnen sich als starke Einzelpersönlichkeiten und lassen den Zusammenklang der Gegensätze einfach geschehen. Das ist hochriskant, verspricht aber, wenn es gelingt, echte musikalische Berührungen.
Bei Schubert ging die Rechnung auf. Seine “Fantasie für Violine & Klavier” (D. 954) erklang seinerzeit als ein zartes Geflecht von Beziehungen, das in dieser Differenziertheit bis dahin noch nicht erkannt worden war. Jetzt treten der ungarischstämmige Pianist und die japanische Geigern erneut mit einem gemeinsamen Album an die Öffentlichkeit. Diesmal haben sie sich poetisch fordernde und harmonisch überaus komplexe Violinsonaten von Bach, Beethoven und Busoni vorgenommen.

Variabler Geigenton: Überraschende Wendungen

Das Programm ist raffiniert angelegt, denn so unterschiedlich diese drei Komponisten aus drei Jahrhunderten auch sind, so beziehungsreich stellen sich ihre hier interpretierten Violinsonaten dar. Dabei bildet Busonis melancholisch verträumte Violinsonate Nr. 2 in e-Moll fraglos die Klammer des Repertoires. Der italienische Komponist war zutiefst von Bach geprägt. Zugleich suchte er als Spätromantiker des frühen 20. Jahrhunderts nach einem individuellen Ausdruck, der, wie bei Beethoven, direkt aus dem inneren Erleben kommt.
Vor diesem Hintergrund mutet es überraschend an, dass Busonis träumerischer Ton auf dem Album vornehmlich klar und strukturiert erklingt, während Bachs Violinsonate Nr. 3 in E-Dur eine ätherisch schwebende Note erhält. Diese frappierende Umkehrung, die sich beim Hören mehr und mehr als stimmig erweist, ist dem variantenreichen Geigenspiel von Yuuko Shiokawa geschuldet, das bei Bach regelrecht abhebt, während es bei Busoni einem Bedürfnis nach Transparenz nachzugeben scheint.   

Nobler Stil: Das Klavier als Stabilisator

So geraten selbst die Violinsonaten untereinander in einen Dialog. Shiokawa durchwirkt Busoni mit Bachscher Klarheit und Bach mit Busonischer Verträumtheit. András Schiff behält sein für ihn typisches, nobel-diskretes Klavierspiel bei, das auf diesem über weite Strecken hochgespannten Album enorm stabilisierend wirkt. Nötig scheint das bei Bach und Busoni. Doch just bei Beethoven zeigen sich dann sowohl Yuuko Shiokawa als auch András Schiff in spielerischer Gelöstheit. Die Violinsonate Nr. 10 in G-Dur ermöglicht ihnen einen leichten Tanz. 

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