Ruhige und höchst atmosphärische Musik, die die Magie von spärlichen Strukturen und subtilen Harmonieprogressionen vermittelt: “The Promise”, Vassilis Tsabropoulos sechstes Album für ECM (und nach eigener Einschätzung des Künstlers sein bisher “persönlichstes”), wartet mit elf sanften Miniaturen auf, von denen bis auf “Djivaeri” alle Originale sind und das Eröffnungsthema “The Other” als immer wiederkehrendes, aber ständig variiertes Leitmotiv fungiert. Die kultivierte Phrasierung und Klangkontrolle des griechischen Pianisten ist dabei stets von poetischer Einfühlsamkeit durchdrungen. Während Tsabropoulos sein erstes, 2003 veröffentlichtes Soloalbum “Akroasis” (ECM 1737) auf antiken byzantinischen Hymnen basierte, bedient er sich in seinen neuen Stücken zwar ähnlicher orientalischer Aromastoffe, stellt diese aber in einen breiteren, internationaleren musikalischen Kontext.
Obwohl 90 Prozent dieser Musik komponiert ist (das Material wurde nur ein paar Wochen vor der Aufnahme geschrieben), verfügt sie über die traumhafte Elastizität von spontan improvisierten Balladen. “Für mich ist es von allergrößter Bedeutung mit einem breiten Spektrum von Klangfarben in einer beinahe orchestralen Form zu arbeiten”, erläuert Vassilis Tsabropoulos . “In einigen Passagen stelle ich mir vor, ich hätte ein Streichensemble dabei, dann wieder es sei ein Holzbläsersolist. Jede einzelne Note muß überaus sorgfältig ausgemalt und abgewogen werden, sie alle müssen wie der Bestandteil einer größeren Melodielinie behandelt werden.” In seiner aktuellen Musik hat Tsabropoulos, der bis heute Klavierkonzerte auf klassischen Bühnen gibt, vollkommen bewußt auf alle Virtuosität und Effekthascherei verzichtet. “Es kann sehr einfach sein, sehr viele schnelle Noten zu spielen. Mein Lebensprinzip aber lautet: weniger ist mehr. Einfachheit zu erlangen ist wiederum sehr schwer. Ich versuche sowohl als darbietender Künstler als auch als Hörer Schönheit in den Dingen zu finden, in Details und Nuancen und in nicht ganz so offensichtlichen Teilen.” Der Hörer wird dadurch dazu aufgefordert, sich Zeit für die Musik zu nehmen, sich auf sie zu konzentrieren und seinen eigenen Weg zu entdecken – eben dies ist das “Versprechen” dieses Albums.
Vassilis Tsabropoulos wurde 1966 in Athen geboren und gewann im Alter von zehn Jahren einen von der UNESCO ausgeschriebenen Klavierwettbewerb. Später studierte er in Athen, Paris, Salzburg und an der Juilliard School of Music in New York u.a. bei Rudolf Serkin und Tatjana Nikolayeva. Tsabropoulos trat mit der Tschechischen Philharmonie und und dem Houston Symphony Orchestra auf und arbeitete unter Dirigenten wie Vladimir Ashkenazy, Choo Hoey und Robert Janssens. Von Chick Corea dazu ermutigt, begann er in jazzigen Kontexten zu improvisieren. Durch Arild Andersen fand er 1999 den Weg zu ECM und nahm mit dem norwegischen Bassisten und Schlagzeuger John Marshall zunächste das Trio-Album “Achirana” für das Münchener Label auf. Nach Veröffentlichung seines ersten Soloalbums “Akroasis” formte Tsabropoulos mit der deutschen Cellistin Anja Lechner ein Duo, deren Debütalbum “Chants, Hymns And Dances” (das Musik von Georges I. Gurdjieff und Tsabropoulos enthielt) international ein genreübergreifender Erfolg war. Das Nachfolgealbum “Melos” (2008 mit dem italienischen Schlagzeuger U.T. Gandhi als Drittem im Bunde aufgenommen) erhielt ebenfalls begeisterte Kritiken. “Sehr elegisch, in tiefem Moll und von fragiler Melancholie getragen, setzen der griechische Pianist Vassilis Tsabropoulos und die deutsche Cellistin Anja Lechner den Dialog fort, den sie vor vier Jahren mit dem Album ‘Chants, Hymns And Dances' aufnahmen”, schrieb Ssirus W. Pakzad in Jazzthing. “Wenn der italienische Perkussionist U.T. Gandhi als Dritter dazu stößt, dann weicht das allzu Schwermütige gelegentlich einer gewissen Leichtig- und Schwerelosigkeit, kommt ein fast tänzerisches Element in die Musik. … Wie auf einer Wolke schwebt das Trio durch den östlichen Mittelmeerraum und unternimmt sanfte Vorstöße in den Orient.”
Vassilis Tsabropoulos komponierte außerdem Orchesterwerke, Streichquartette, Violin- und Cellostücke sowie zahlreiche Solowerke für Klavier (darunter Sechs Präludien für Vladimir Ashkenazy).