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Anouar Brahem – Balanceakt zwischen zwei Musikwelten

Django Bates, Anouar Brahem, Jack DeJohnette, Dave Holland
© Bart Babinski /ECM Records
12.10.2017
Als Jazzmusiker hat sich Anouar Brahem selbst nie betrachtet. Noch hatte er je die Ambition überhaupt einer zu sein. Doch seit über 25 Jahren suchte der tunesische Meister der Oud-Laute immer wieder den musikalischen Austausch mit internationalen Kollegen aus dem Jazzlager. In diesem Zeitraum machte Brahem für ECM Records Aufnahmen mit u.a. François Couturier, Richard Galliano, Jan Garbarek, John Surman, Dave Holland, dem französischen Orchestre National de Jazz und Gianluigi Trovesi. Doch so weit wie auf seinem neuen Album “Blue Maqams” hat er sich dem Jazz wohl noch nie zuvor angenähert. Beflügelt hat ihn dabei, dass er hier mit drei absolut brillanten Improvisationskünstlern zusammenspielen konnte: Pianist Djano Bates, Bassist Dave Holland und Schlagzeuger Jack DeJohnette.
Während Brahem mit Holland 1997 schon sein gefeiertes Album “Thimar” für ECM aufgenommen hatte, trifft er auf “Blue Maqams” das erste Mal mit dem Schlagzeuger aus Chicago und dem quirligen britischen Pianisten zusammen. Holland und DeJohnette sind natürlich ein perfekt harmonierendes Rhythmusgespann. Seit sie Ende der 1960er Jahre das erste Mal zusammen in Miles Davis' bahnbrechender Band spielten, kreuzten sich ihre Wege immer wieder. Für ECM nahmen sie mit dem jüngst verstorbenen John Abercrombie vier Alben als Gateway-Trio auf. Außerdem begleiteten sie Kenny Wheeler auf den Klassikern “Gnu High” und “Deer Wan” sowie George Adams auf “Sound Suggestions”. Seit Brahem Holland und DeJohnette in den frühen 1990ern mit Betty Carter und Geri Allen live erlebt hatte, liebäugelte er damit, selbst einmal mit dem Gespann zu arbeiten. “Diese charismatische Rhythmusgruppe hinterließ  einen sehr starken Eindruck”, erinnert er sich. Das Zusammenspiel mit Holland im “Thimar”-Trio genoss er über die Maßen. Als er den Entschluss fasste, bei der Einspielung von “Blue Maqams” wieder mit Holland zu arbeiten, kam ihm fast zwangsläufig auch Jack DeJohnette in den Sinn. Das Jazzschlagzeug mit seiner sanft singenden Oud zusammenzubringen, stellte freilich eine besondere Herausforderung dar: “Aber ich war mir sicher: Wenn es einen gibt, der dies kreativ meistern kann, dann ist es Jack DeJohnette. Er ist einer der einfühlsamsten und subtilsten Schlagzeuger.”
Es war nicht einfach, den Pianisten für dieses Projekt auszuwählen. “Über mehrere Monate hörte ich mir eine Vielzahl von Pianisten an und hatte viele lange Diskussionen mit Manfred Eicher hinsichtlich der Eigenschaften die der Pianist für diese Aufnahme haben sollte. Schließlich spielte er mir eines Tages Musik vor, die er gerade mit Django Bates eingespielt hatte. Ich war sehr beeindruckt von Djangos Anschlag, seinem Timbre und rhythmischem Spiel. Im New Yorker Avatar Studio entdeckte ich dann noch eine Reihe weiterer Qualitäten bei Django. Es gelingen ihm auf dieser Aufnahme einige ganz besondere Momente, die die Stücke sehr bereichern.”
Freiheit und Notentreue in die richtige Balance zu bringen, sieht Brahem als entscheidend an: “Ich möchte, dass jedes Stück eine eigene Identität durch die auskomponierten Passagen behält. Die Rolle des Musikers ist es, sich innerhalb des Rahmens eines jeden Stückes so auszudrücken, dass seine Eigenheit bewahrt wird. Ein entscheidender Teil unseres Zusammenspiels dreht sich genau um diesen Aspekt – gemeinsam die richtige Balance aus aufgeschriebener und improvisierter Musik zu finden. Denn selbst in komponierten Stücken oder in Passagen, in denen vielleicht weniger Raum zur Interpretation bleibt, möchte ich, dass die Musik klingt, als bewege sie sich vorwärts in einem stetigen Fluss.”
Parallel zu dem neuen Album “Blue Maqams”, das nun als CD, Vinyl-Doppelalbum und digitaler Download erhältlich ist, wird auch Brahems erste ECM-Aufnahme “Barzakh” als audiophile 180-Gramm-Vinylpressung wiederveröffentlicht. Im April 2018 wird das Quartett im Rahmen einer Europatournee auch für zwei Konzerte nach Deutschland kommen. Am 14. April gastiert es in der Philharmonie in München und einen Tag später in der Elbphilharmonie in Hamburg.

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