Carolin Widmann | News | Auf den Spuren des Wanderers - Carolin Widmann und Alexander Lonquich spielen Werke für Violine und Klavier von Franz Schubert

Auf den Spuren des Wanderers – Carolin Widmann und Alexander Lonquich spielen Werke für Violine und Klavier von Franz Schubert

Carolin Widmann und Alexander Lonquich
© Marco Borggreve/Francesco Fratto
25.01.2012
Wer die Aktivitäten von Carolin Widmann und Alexander Lonquich während der letzten Jahre verfolgt hat, wird kaum überrascht sein, nun endlich eine gemeinsame Einspielung für ECM New Series in den Händen zu halten. Beide haben bereits mehrere Aufnahmen von Solo- und Ensemblewerken für das Label von Manfred Eicher gemacht und beide zeigten dabei eine Vorliebe für Werke der Romantik und der Moderne. Gemeinsam mit Pianist Dénes Várjon hat Widmann zuletzt die Violinsonaten von Robert Schumann in einer weithin gelobten Aufnahme interpretiert und zuvor auf “Phantasy of Spring” Musik von Feldmann, Zimmerman, Schoenberg und Xenakis eingespielt. Und auch Alexander Lonquich hat sich auf seinem letzten Album für ECM New Series Schumann zugewendet und dessen “Kreisleriana” Heinz Holligers Partita gegenübergestellt.

Beginn einer künstlerischen Partnerschaft

Die künstlerische Annäherung der Geigerin aus München und des Pianisten aus Trier nahm ihren Anfang beim Eröffnungskonzert der Salzburger Festspiele 2008. Gemeinsam mit dem Cellisten Nicolas Altstaedt spielten sie hier Olivier Messiaens “Quatuor pour la fin du temps”. Ein Jahr später hörte die begeisterte Widmann ein Solo-Recital Lonquichs in dessen Wahlheimat Rom, und bei einem anschließenden Abendessen stellten sie erste Überlegungen zu möglichen Gemeinschaftsprojekten an. Nun legen sie ihre erste Aufnahme “Franz Schubert: Fantasie C-Dur / Rondo h-Moll / Sonate A-Dur” vor – pünktlich zu einem weiteren gemeinsamen Auftritt im Rahmen der Mozartwoche 2012 am 27.01. in Salzburg. Bei der Uraufführung von “Gefaltet”, einem Werk der Choreographin Sasha Waltz und des Komponisten Mark André, werden Carolin Widmann und Alexander Lonquich an der Seite von Nicolas Altstaedt und Guy Ben-Ziony (Viola) als Musiker mitwirken.

Die erste gemeinsame Aufnahme


Auf ihrem ersten Albumprojekt präsentieren Widmann und Lonquich neben der Sonate A-Dur aus dem Jahr 1817 zwei Spätwerke Franz Schuberts, das 1826 entstandene Rondo h-Moll und die Fantasie C-Dur von 1827. Während die Sonate noch deutlich unter dem Einfluss Beethovens steht, bestechen das Rondo und vor allem die fünfsätzige Fantasie durch ihre Originalität. Aufgrund ihrer ungewöhnlich freien und weitläufigen Form wurde sie vom zeitgenössischen Publikum abgelehnt und von den Kritikern verrissen. Nach der Uraufführung schrieb eine Wiener Zeitung: “Die Fantasie dehnte sich etwas zu lange über die Zeit aus, die der Wiener den geistigen Genüssen widmen will. Der Saal wurde allmählich leerer, und der Referent gesteht, dass auch er von dem Ausgang dieses Musikstücks nichts zu sagen weiß.”

Schuberts eigenwilligem Weg folgen

Für Alexander Lonquich liegt das Faszinierende an Schuberts Musik jedoch gerade in dessen Umgang mit der Zeit: “Ein Zeitgefühl, das eigentlich nichts zu tun hat mit dem Zeitgefühl von Beethoven oder von Brahms, welches viel linearer ist. Bei Schubert hat man das Gefühl, er bricht aus dem normalen Ablauf der Zeit aus. Die Abfolge der Dinge ist länger, es geht alles viel weiter.” Auch in seiner Fantasie für Geige und Klavier gebe sich Schubert als Wanderer zu erkennen. “Man fängt mit diesem sehr metaphysischen Anfang aus dem Nichts an”, ergänzt Widmann. “Und dann gibt es so einige labyrinthische Irrwege, immer wieder Verwerfungen, Zweifel, Abbrechen, Generalpausen. Und nach der längsten Generalpause kommt das Lied ‘Sei mir gegrüßt’, Sehnsucht aus der Ferne nach all dem Wandern.” An das Zusammenspiel stelle diese Musik besondere Herausforderungen, so Lonquich. Durch die Eigentümlichkeit der Schubert’schen Rhythmik sei oft nicht eindeutig, welchem Instrument die Führungsrolle zukomme. “Da vollzieht sich eine fortwährende Verschiebung der Gewichtung, die mich beinahe an Ligeti erinnert. Besonders faszinierend für unser Zusammenspiel im Duett ist es, dass wir einander in dieselbe Richtung folgen müssen, uns dabei jedoch nie zu nahe kommen dürfen. Wir müssen einen gemeinsamen Atem entwickeln und zugleich unsere Autonomie wahren.” Carolin Widmann und Alexander Lonquich ist eine einfühlsame Aufnahme gelungen, die auf weitere gemeinsame Projekte hoffen lässt.

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