Es ist ein Privileg der besonderen Art. Zum zweiten Mal in der Geschichte der katholischen Kirche hat der Vatikan die Pforten der Sixtinischen Kapelle geöffnet, um ein Schallplattenlabel mit Aufnahmen zu betrauen.
Respektvolle Zusammenarbeit: Vatikan und Deutsche Grammophon
Ein größerer Vertrauensbeweis ist kaum möglich. Deutsche Grammophon scheint die Erwartungen des Vatikan voll erfüllt zu haben. Das Gelblabel war das erste Unternehmen der Musikindustrie, das in der prachtvollen Kapelle aufnehmen durfte. Mit “
Cantate Domino” (2015) entstand dabei ein Album, das nicht nur unter religiös geneigten Klassik-Hörern, sondern weit darüber hinaus Anklang fand.
Die erhabenen Gesänge des Päpstlichen Chors der Sixtinischen Kapelle haben das Publikum weltweit überzeugt, und dieser Erfolg mag dazu beigetragen haben, dass der Vatikan das Gelblabel gern wieder in die Sistina ließ. Es hat sich gelohnt! Mit “Giovanni Pierluigi da Palestrina: Missa Papae Marcelli” liegt jetzt ein Album vor, das überwältigende Gesänge enthält und dem Päpstlichen Chor gewiss weitere Sympathien eintragen wird.
Farbenfrohe Chormusik: Giovanni Pierluigi da Palestrina
Das Album wartet mit mehreren Weltneuheiten auf. Die Missa Papae Marcelli, eines der größten geistlichen Chorwerke des Abendlandes, erklingt hier in dem von Palestrina selbst noch besorgten Erstdruck von 1567. Das verleiht der Interpretation schon eine Authentizität für sich, die nurmehr durch den heiligen Gesang des Päpstlichen Chores selbst gesteigert wird. Die Musik geht durch Mark und Bein!
Wenn der Chor diese alte Messe singt, dann spürt man eine zärtliche Ehrfurcht, die direkt zu Herzen geht. Zugleich breitet sich dabei eine sinnliche Fülle, eine harmonische Pracht aus, die das Zeitalter der Renaissance neu erstehen lässt. Palestrinas Musik ist verschwenderisch reich an farbvollen Harmonien. Es ist, als ob der Komponist die gesamte Schönheit des Kosmos und der menschlichen Natur in seiner Musik abbilden wollte.
Melodischer Einfallsreichtum: Weitere Weltpremieren
Vittorio Catarci, der seit dreißig Jahren in der Sistina singt, erklärt das Anliegen des Chores, in dem Palestrina selbst noch sang und später als Chormeister fungierte: “Der Klang, der von uns erwartet wird, muss so spirituell wie möglich sein, ein Klang, der sich erhebt und – bildlich gesprochen – über die Mauern der Sixtinischen Kapelle hinaus zu allen kommt.” Und genau das gelingt dem Chor auf diesem Album großartig.
Das älteste Gesangsensemble der Welt dringt zum Publikum durch. Es nimmt Kontakt mit der modernen Welt auf, in der das Verlangen nach Besinnlichkeit und Stille immer stärker wird. Diese Berührung mit der modernen Welt ist ganz im Sinne von Massimo Palombella, dem musikalischen Leiter des Chores, der gerne auf dem schmalen Grat zwischen Traditionsbewahrung und weltlicher Öffnung wandelt.
Der von seinen Choristen verehrte Maestro hat neben der Missa Papae Marcelli neun Motetten von Palestrina für das Album ausgesucht. Diese Werke bestechen durch ihren melodischen Einfallsreichtum und ihre lyrische Eleganz. Unter den Motetten befinden sich mit Iubilate Deo und Veritas mea et misericordia mea auch zwei Welt-Ersteinspielungen. Der Päpstliche Chor birgt diese Schätze mit atemberaubendem Feingefühl.