An der Wiener Staatsoper arbeitete in den 1940er bis 1960er Jahren eine außerordentlich große Anzahl hochkarätiger deutschsprachiger Sänger. Unter ihnen befanden sich so klangvolle Namen wie Richard Tauber, Lisa della Casa, Ljuba Welitsch, Sena Jurinac, Irmgard Seefried, Christa Ludwig, Hans Hotter, Hilde Güden, Elisabeth Schwarzkopf und Anton Dermota. „Welch ein Glücksfall, daß all diese herrlichen Sänger damals nur an der Wiener Oper beschäftigt waren und täglich für Proben zur Verfügung standen. So konnte man ganz anders arbeiten als heute, wo die Sänger in der weiten Welt herumfliegen, meistens erst ein oder zwei Tage vor der Aufführung ankommen und bloß eine kurze Verständigungsprobe machen.“
Was der 1974 gestorbene Dirigent Josef Krips da in seinen Erinnerungen an die späten Vierziger Jahre beschrieb, war die Grundlage für ein seinerzeit ganz neuartiges Singen und Spielen von Opern – eine Ensemblekunst, die ganz Europa begeisterte und als Wiener Mozartstil in die Geschichte einging. Für die Interpretation von Mozarts Opern prägte Krips eine am Instrumentenspiel orientierte Gesangsästhetik, die den Sängern folgende Fähigkeiten abverlangte: makellose Legatokultur, Gestaltung von Phrasen auf einen Zielton hin, Stimmflexibilität als das Vermögen bruchlosen An- und Abschwellens eines beliebigen Tons innerhalb einer Phrase, perfekte Verblendung der Register und eine homogene Einfügung noch der Hauptcharaktere ins Ensemble.
Zwei Sopranistinnen, die diesen Stil in idealer Weise verwirklicht und auch als herausragende Richard Strauss-Interpretinnen mit silbrig reiner Höhe Legendenstatus errungen haben, waren Lisa della Casa (1919–2012) und Hilde Güden (1917–1988). Beide, della Casa eine gebürtige Schweizerin, die Güden Wienerin, stießen 1947 als feste Mitglieder zum Ensemble der Wiener Staatsoper und blieben ihm trotz vielfältiger internationaler Engagements – sie sangen mehrere Saisonen an der New Yorker Met – über zwei Jahrzehnte erhalten.
Die soeben erschienene erste Staffel der Serie Decca Most Wanted Recitals widmet diesen großartigen Sängerinnen je eine Folge. Auf “Operatic Recital” kann man den eleganten, fast schwebende Sopran der bezaubernden Lisa della Casa genießen. Unter diesem Titel zusammengeführt wurden Teile der 1957 erschienenen LP “Lisa della Casa Händel Mozart” und ein im selben Jahr veröffentlichtes Recital mit Liedern von Brahms, Wolf, Strauss und Schubert, das nun vollständig seine Premiere auf CD feiert.
Der unschuldige, fast mädchenhafte und zugleich kokett anmutende Ton der österreichischen Koloratursopranistin
Hilde Güden, die ihr unverkennbares Vibrato sehr langsam auszukosten wusste, passt kongenial zu Richard Strauss. Als echte Entdeckung erweist sich daher die nun erstmals auf CD erscheinende Aufnahme von 13 Liedern des Komponisten, die 1956 mit
Friedrich Gulda als Klavierbegleiter aufgenommen wurden. Als Bonus beinhaltet
“Richard Strauss Songs” das Duett “Aber der Richtige” aus “Arabella”, 1953 aufgenommen mit Lisa della Casa als Arabella und Hilde Güden als Zdenka, und zwei Arien aus einer 1964 in Stereo veröffentlichten Aufnahme von “Der Rosenkavalier” mit Güden als Sophie – eine ihrer Paraderollen – Régine Crespin (Marschallin) und Elisabeth Söderström (Octavian).
Sie möchten mehr über die Serie Decca Most Wanted lesen? Hier haben Sie die Möglichkeit unseren
Überblick über sämtliche Folgen der ersten Staffel der neuen Serie Decca Most Wanted Recitals zu lesen oder hier, die Rezension über zwei legendäre
Broadway-Alben von George London und Cesare Siepi.