Im Gesang eines Knabenchors wird der Gegensatz von Vergänglichkeit und Ewigkeit aufgehoben. Ein großer Teil der geistlichen Vokalmusik des Abendlandes bezieht daraus seine Faszination. Bis ins 19. Jahrhundert ist es Frauen untersagt, in der Kirche zu singen. An ihrer Stelle werden Knaben schon in der römischen Schola cantorum des 8. Jahrhunderts zu Sängern für den Gottesdienst ausgebildet, die in die höchsten Regionen der menschlichen Stimme vordringen. Dabei geht es nicht allein um Virtuosität. Es ist der ganz eigene Klangzauber der Knabenstimme, die etwas Immaterielles, Geschlechtsloses hat. So wird sie zu einem idealen Instrument geistlicher Musik, die das Diesseitige zu überwinden sucht.
Die Schönheit des Knabengesangs ist zugleich äußerst kostbar, denn ein kindlicher Sänger hat für die volle Entfaltung seiner Stimmkunst nur ein enges Zeitfenster. Spätestens im 16. Lebensjahr stößt er an eine biologische Grenze: Der Stimmbruch setzt seine Stimme um etwa eine Oktave herab. Zieht man die Zeit ab, die für eine grundlegende Stimmausbildung benötigt wird, bleiben einer Knabenstimme nur wenige Glanzjahre.
Die Besten Deutschlands
Nico (13), Jan (13) und Georg (14) stehen in voller stimmlicher Blüte. „Die drei sind die Besten“, sagt der Musikproduzent Steve Abbott. „Jungs im Alter von Nico, Jan und Georg haben eher die Playstation im Sinn als das Singen. Das ist schade, denn die Stimmfärbung von Knaben, die zwischen zwölf und 15 Jahre alt sind, hat eine ganz besonders reine Qualität.“ Mit der Absicht, dieser einmaligen Stimmlage eine ganze Albumproduktion zu widmen, begab sich Abbott auf Talentsuche. „Ich suchte überall, sah mich in Berlin, Hamburg, Hannover und München nach geeigneten Stimmen und Jungen um. In Augsburg, genauer gesagt bei den Augsburger Domsingknaben, wurde ich fündig.“
Seit dem Vorschulalter werden die Soprane Jan Enderle und Nicolas Schwandner sowie Georg Starz (Alt) dort von Domkapellmeister Reinhard Kammler ausgebildet. Mehrmals pro Woche besuchen sie die Proben im Chorzentrum der Augsburger Domsingknaben. Die Wurzeln des international renommierten Chors reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück. Berühmte Dirigenten wie Sir Colin Davis, Daniel Harding und Kent Nagano haben bereits mit ihm musiziert.
Leichtfüßig und Berührend
“Die Chorjungen” heißt die erste Aufnahme, die Nico, Jan und Georg nun als Trio vorlegen. Und so unbekümmert die Jungs ihre Anzüge mit Turnschuhen kombinieren, so leichtfüßig überschreiten sie auf ihrem Debütalbum auch die Grenzen musikalischer Stile. Ihre Interpretation von “Tears in Heaven”, der bekannten Ballade von Eric Clapton, geht zu Herzen. Tief dringen die drei jungen Solisten in diese Trauermusik für den früh verstorbenen Sohn des Rockmusikers ein. Sie gestalten jedes Wort, jede Note.
Strahlende Leuchtkraft und berührenden Ausdruck verleiht das Trio auch den anderen unvergänglichen Melodien wie “An der schönen blauen Donau”, “Amazing Grace”, “Ave Maria”, “Der Mond ist aufgegangen”, “Morning Has Broken” von Cat Stevens und einem von Reinhard Mey persönlich autorisiertem Neu-Arrangement seines Evergreens “Über den Wolken”. Der britische Dirigent und Komponist Simon Lole verlieh der Musik den Feinschliff. Aus seiner Feder stammen die erlesenen Arrangements für Orchester und die drei Augsburger Ausnahmestimmen. Ein wahrhaft himmlisches Debüt!