Am 13. September jährt sich der Geburtstag von Clara Schumann zum 200. Mal. Das Jubiläum dieser außergewöhnlichen Frau ist Anlass für eine siebenteilige Reihe bei KlassikAkzente, die sich Komponistinnen damals und heute widmet. Oft verkannt, heute verehrt und mit gutem Grund (neu) entdeckt, bereicherten und bereichern sie die Welt der Musik.
Gustav Klimt, Franz Werfel, Oscar Kokoschka, Gustav Mahler, Walter Gropius…. Beschäftigt man sich mit der Biografie von Alma Mahler-Werfel, einer der wohl schillerndsten Figuren des vergangenen Jahrhunderts, so liest sich ihr Bekanntenkreis wie das Who is Who des Fin des siècles. 1879 als Tochter einer Wiener Künstlerfamilie geboren, gelangte Alma Mahler schnell in die Gesellschaftskreise der Wiener Kunstavantgarde. Schon früh spielte das hochbegabte Mädchen exzellent Klavier und wurde bald Schülerin des prominenten Dirigenten und Komponisten Alexander Zemlinsky. Die folgenden Jahre und Jahrzehnte waren geprägt von dem dramatischen Liebes- und Künstlerleben der eigensinnigen Frau, die im Laufe ihres Lebens mit Gustav Mahler, dem Architekten Walter Gropius und dem Dichter Franz Werfel verheiratet war und eine dramatische Affäre mit dem Maler Oskar Kokoschka hatte. “Sie war wie ein Vulkan”, hat Alma Mahlers Tochter Anna einmal über ihre Mutter gesagt. In den verschiedenen Beziehungen und zahlreichen Dokumenten und Schriften über sie und von ihr selbst, spiegelt sich Alma Mahler-Werfel als entsprechend leidenschaftliche aber auch ausgesprochen widersprüchliche Person: In ihren Tagebüchern charakterisierte sie sich selbst als “liebend” und “berechnend” zu gleich; und auch wenn sie sich immer wieder antisemitisch äußerte, folgte sie gleichzeitig ihrem Mann Franz Werfel, der Jude war, 1940 in die USA.
Kleines Oeuvre mit origineller Tonsprache
Als Komponistin wurde Alma Mahler-Werfel in der Rezeption durch die Nachwelt angesichts der schillernden Details ihrer sonstigen Aktivitäten und Verbindungen zur Kunstszene nur selten wahrgenommen. Dabei komponierte sie mehr als hundert Lieder, außerdem verschiedene Instrumentalstücke und den Anfang einer Oper, wobei von ihrem Gesamtwerk nur siebzehn Lieder erhalten sind – die übrigen Kompositionen gingen während des zweiten Weltkriegs verloren oder wurden von Alma Mahler-Werfel selbst vernichtet. In ihren Liedern vertonte Alma Mahler-Werfel vielfach Texte zeitgenössischer Dichter, darunter von Rainer Maria Rilke, wobei sich die spätromantischen Kompositionen in ihrer Tonsprache stark von jener ihres Mannes Gustav Mahler unterschieden. Äußerst originell auskomponiert und mitunter kühn in der melodischen Ausgestaltung, zeigen sie eher Ähnlichkeiten zu Werken von Richard Wagner und Johannes Brahms.
Sinnfindung als Muse
Obwohl Alma Mahler-Werfel keine furchtsame Persönlichkeit zu haben schien, hegte sie wohl große Zweifel, ob es überhaupt einer Frau gemäß sei, zu komponieren. Problematisch war hierbei auch das Fehlen von weiblichen Vorbildern, schließlich wusste Alma Mahler-Werfel von dem tragischen Schicksal einer Clara Schumann oder Fanny Hensel Mendelssohn. Ähnlich erging es auch ihr: “Die Rolle des Komponisten…fällt mir zu, – Deine ist die der liebenden Gefährtin…!”, so direkt formuliert es ihr Mann Gustav Mahler, den Alma 1902 heiratete und für den sie aufgrund ihres eigenen Könnens stets ein kongenialer Diskussionspartner war. Als Mahler einige Jahre später wider Erwarten doch einige Lieder seiner Frau für gut befand und drucken ließ, schrieb Alma Mahler resigniert: “Zehn Jahre verlorene Entwicklung sind nicht mehr nachzuholen. Es war ein galvanisierter Leichnam, den er neu beleben wollte.” So zog Alma Mahler-Werfel ihren Lebenssinn letztlich aus der Begleitung führender Künstler. Sie formulierte das ihr entsprechend deutlich: “Gott vergönnt mir, die genialen Werke unserer Zeit zu kennen, ehe sie die Hände ihrer Schöpfer verließen. Und wenn ich für eine Weile die Steigbügel dieser Ritter des Lichts halten durfte, so ist mein Dasein gerechtfertigt und gesegnet.” Alma Mahler-Werfel starb am 11. Dezember 1964 in New York.