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Glockenklang der Zuckerfee – Tschaikowskys “Der Nussknacker” als Neuauflage

Tchaikovsky: The Nutcracker
© shutterstock / JuliaVyazovskaya; © Fred Muenzmaier
19.11.2020
Üblicherweise erreichten Orchestersuiten, die zu Balletten entstanden, erst nach deren erfolgreicher Premiere den Konzertsaal. So, wie etwa die BallettsuitenFeuervogel” oder “Petruschka” von Igor Strawinsky später entstanden, hatte auch Peter Tschaikowsky mit der Herausgabe der Suiten zu seinen Balletten “Schwanensee” und “Dornröschen” noch gewartet.
Ganz im Unterschied zu seinem Ballett “Der Nussknacker”. Den Auftrag dazu hatte er 1891 vom Mariinski-Theater bekommen, nachdem er dessen Choreographen die Geschichte von “Nussknacker und Mausekönig” von E.T.A. Hoffmann erzählt hatte. Der war so begeistert von dieser schönen Weihnachtsgeschichte, dass er eine Choreographie mit genauen musikalischen Angaben entwarf. Nachdem Tschaikowsky den Sommer über an der Komposition gearbeitet hatte, beendete er sie im Januar 1892 und führte sie als Orchesterwerk im März 1892 zum ersten Mal und mit überwältigendem Erfolg auf: Nach beinahe jedem der acht Stücke dieser Suite verlangte man nach einer Wiederholung.

Herrlichste Melodien

Grund für die Begeisterung und Faszination des Publikums, damals wie heute, dürfte neben der unglaublichen Dichte herrlichster Motive und Melodien auch die Instrumentierung sein. Etwa im “Tanz der Zuckerfee”, bei dem sich aus dem einleitenden Pizzicato heraus ein süßer Glockenklang erhebt, den man so im Orchester noch nie gehört hatte. Er stammte von einer Celesta. Das Instrument, einem Klavier ähnlich, bei dem statt der Saiten Metallplatten von Hämmern angeschlagen werden, war erst wenige Jahre zuvor in Frankreich von dem Instrumentenbauer Victor Mustel erfunden worden. Aufgrund seiner besonderen Klangeigenschaften setzte es sich recht schnell als Orchesterinstrument durch. Tatsächlich war Tschaikowsky einer der ersten, der ihm in seiner “Nussknacker”-Suite eine so herausragende Position zuwies: Zierlicher, geradezu zerbrechlicher und kristallener ließ sich die “Zuckerfee” musikalisch kaum darstellen. Solcherart überrascht Tschaikowsky durch alle Sätze hinweg, angefangen bei der originellen kleinen Ouvertüre bis hin zum abschließenden “Blumenwalzer”, einem der wohl meistgespielten Walzer überhaupt.
Die 1979 veröffentlichte Deutsche Grammophon eine Aufnahme der Ballettsuiten Tschaikowskis mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Mstislav Rostropovich. Sie avancierte schnell zu einem beliebtesten und gerade zur Weihnachtszeit meistgekauften Klassikalben. Diese Aufnahme liegt jetzt in digitaler Neuauflage vor.

Mehr als nur “Begleitung”

Die Besonderheit dieser Veröffentlichung ist die Kopplung mit einer weiteren Einspielung der “Nussknacker Suite”, die einen reizvollen Vergleich zu der Orchesterfassung bietet: ein Arrangement der Suite für zwei Klaviere. Es stammt von dem in zypriotischen Komponisten und Pianisten Nicolas Economou. Hoch virtuos entfesseln Martha Argerich und er ein klavieristisches Märchen der besonderen Art; gleichsam als verfolge man es in einem Schaukasten. Dabei gehen Argerich und Economou die einzelnen Stücke etwas lebhafter, mitunter auch zügiger an, beispielsweise den “Arabischen Tanz” oder den “Blumenwalzer”, ohne dabei gehetzt zu wirken. Ganz im Gegenteil hebt Economous Arrangement das pianistische dieser Musik hervor, die Umspielungen der verschiedenen Themen. Schon in der “Overture miniture” wird deutlich: Nichts ist hier nur etwa “Begleitung”. Das völlig homogene Zusammenspiel beider Pianisten, das gemeinsame Atmen – gerade auch bei den sechs als “Danses caractéristiques” bezeichneten Miniaturen so unterschiedlicher Couleurs wie etwa dem “Trepak” oder dem “Chinesischen Tanz” – zeichnen diese Aufnahme aus und garantieren ein gleich zweifaches Hörvergnügen.

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