Es ist die Wärme, die zuerst berührt. Wie eine Umarmung umfängt einen der Klang von John Fields Nocturne Nr. 1 in Es-Dur. Die unprätentiöse Natürlichkeit von Elizabeth Joy Roes Interpretation hat einen solch entwaffendenen Charme, dass man sofort die Ohren spitzt. Und diese wohlwollende Konzentration setzt sich fort. Das Album ist von einer innigen musikalischen Hingabe durchdrungen, die ohne Effekthascherei auskommt und zugleich vor authentischer Lebendigkeit sprüht.
Nocturnes sind kleinformatige Charakterstücke für Klavier, in denen viele verschiedene von der Nacht inspirierte Stimmungen musikalisch eingefangen und zum Ausdruck gebracht werden. Elizabeth Joy Roe kitzelt die verschiedenen Facetten der Dunkelheit mit viel Fingerspitzengefühl aus den 18 Kompositionen heraus und kreiert dabei eine unendliche Bandbreite an Farben und Nuancen.
Ob Schriftsteller, Bildende Künstler oder Komponisten – für Romantiker à la John Field bot sich die Nacht als eine unerschöpfliche Quelle der Faszination. Elizabeth Joy Roe versteht es, mit ihrem neuen Album die künstlerische Auseinandersetzung des irischen Komponisten und Pianisten im Hier und Jetzt zum Leben zu erwecken und der Phantasie damit Tür und Tor zu den Geheimnissen, der Intimität, den Träumen, Halluzinationen und Visionen zu öffnen, die sich im Schutze der Dunkelheit bis heute offenbaren.
Überraschend verspielt, wie die Kapriolen eines schlaflosen Kindes, erklingt die Nocturne Nr. 12 in E-Dur. Ansonsten überwiegen lyrische Melodien: Sinnlichkeit, geheimnisvoller Zauber, Erotik und andächtiger Frieden – all dies schwingt in John Fields Nocturnes mit und wird von Elizabeth Joy Roe mit hellwachen Sinnen ans Licht geholt.