Die limitierte Edition, die viele von Boskovskys großartigen Aufnahmen erstmals digital zugänglich macht, umfasst 50 Tonträger und zwei DVDs, darunter der historische Live-Mitschnitt des Neujahrskonzerts von 1979: die erste digitale Aufnahme von Decca und zugleich die erste kommerzielle digitale Aufnahme überhaupt in Europa. Neben den mitreißenden Konzerten überzeugt die Edition aber auch durch ein breites Spektrum an “ernster” Musik. Es reicht von Ludwig Spohr, Mozart, Beethoven und Schubert bis hin zu Dvořák, Richard Strauss, Grieg und Bartók.
Willi Boskovsky hat wie kaum ein anderer Künstler zur Beliebtheit klassischer Musik beigetragen. Sein tief empfundenes Geigenspiel, seine joviale Art und nicht zuletzt seine Leistungen als Dirigent der Wiener Neujahrskonzerte machten ihn weit über seine österreichische Heimat hinaus zu einem Botschafter der Musik.
Wiener Urgestein: Willi Boskovsky (1909–1991)
Aufgewachsen in eher ärmlichen Verhältnissen, erhielt er im Alter von fünf Jahren von seiner Mutter den ersten Geigenunterricht. An der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien erkannte man auf Anhieb seine außerordentliche Begabung. Willi Boskovsky studierte dort erfolgreich Geige, bevor er im Jahre 1932 seinen ersten wichtigen Karriereschritt machte und Mitglied der Wiener Philharmoniker wurde.
Willi Boskovsky standt jeher für den unverwechselbaren Wiener Stil des Geigenspiels und war auf natürliche Weise mit Wien verbunden, mit den Tänzen und dem Dialekt der Stadt, mit ihrer Architektur und Geschichte. Wenn er zur Akademie ging, dann führte sein Weg durch den prächtigen Schlosspark von Schönbrunn vorbei an dem Haus, in dem Johann Strauss einen Großteil seiner Fledermaus komponierte. Der junge Geigenvirtuose nahm diese von barocker Pracht und geschichtlichen Monumenten angefüllte Atmosphäre aufmerksam in sich auf.
Die kultigen Neujahrskonzerte
Dabei waren die vielfältigen Eindrücke, denen er als junger Mann begegnete, von Beginn an mit Musik verknüpft: vornehmlich die Walzer der Strauss-Dynastie waren ihm in die Wiege gelegt. Die Wiener Tänze einerseits, Mozart oder Beethoven andererseits waren für ihn keine sich widersprechenden Welten, zwischen denen man sich zu entscheiden hat. Schließlich verbinden ja auch die Wiener Philharmoniker wie selbstverständlich die sogenannte ernste Musik mit der Unterhaltungsmusik.
Bereits im Alter von 30 Jahren wurde Willi Boskovsky Konzertmeister des weltberühmten Klangkörpers an der Donau. Im Jahre 1955 wurde ihm als Nachfolger von Clemens Krauss jene Institution anvertraut, die wie keine andere für die populäre Seite der Wiener Musiktradition steht: die Silvester- und Neujahrskonzerte. Sie entwickelten sich unter seiner Regie zu einem wahren Kult-Ereignis. Er dirigierte die Neujahrskonzerte über einen Zeitraum von 25 Jahren und erreichte durch die weltweiten Fernsehübertragungen ein riesiges Publikum.
Die Begeisterung der stetig wachsenden Fangemeinde war geradezu überschwänglich: “Noch Tage lang nachher”, schreibt ihm eine Bewundrerin, “stehen wir alle unter dem Eindruck des Rausches, ja des Zaubers der Strauss-Melodien, die niemand anderer so meisterhaft zum Erklingen bringen konnte wie Sie.” Willi Boskovsky vermochte eine ungeheure Nähe zum Publikum herzustellen. Er dirigierte die Konzerte wie Johann Strauss mit der Geige in der Hand und wandte sich immer wieder ans Publikum, das ihn frenetisch feierte.
Noble Edition: Berührendes Künstlerportrait
Die Begeisterung im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins vermittelt sich glänzend auf den beiden DVDs, die der gerade erschienenen Gesamtausgabe von Willi Boskovsky beiliegen. Aber auch auf den vielen CDs mit Neujahrskonzerten spürt man, wie der Funke immer wieder überspringt und Boskovsky den Saal zum Glühen bringt. Alle Neujahrskonzerte sind für diese Edition von den Originaltapes aus neu gemastert worden und erklingen im gediegenen Decca-Sound.
Der legendäre Geiger lässt sich in dieser umfangreichen Gesamtausgabe als Konzertmeister, als Dirigent der Wiener Philharmoniker, als Kammermusiker und Leiter der von ihm gegründeten Ensembles Wiener Oktett und Boskovsky Quartett neu entdecken. Von einer ebenso außergewöhnlich begabten wie geerdeter Künstlerpersönlichkeit berichtet das unterhaltsam gestaltete Booklet dieser hochwertigen Edition. Es lässt auf 124 Seiten Willi Boskovsky in Fotos lebendig werden und enthält eine kenntnisreiche Würdigung des großen schottischen Musikschriftstellers Tully Potter.