“An vier aufeinanderfolgenden Tagen bespielten die Musiker vergangene Woche beim ‘Reflektor Manfred Eicher’ die beiden Elbphilharmoniesäle…”, schrieb Jan Paersch in der Süddeutschen Zeitung. “Unter ‘Reflektor’ versteht man in Hamburg eine Reihe, in der große Namen wie The National und Nils Frahm das Programm des Konzerthauses gestalten. Nun durfte der Produzent und Labelgründer Manfred Eicher (der Herr mit dem weißen Haar) als erster Nichtkünstler ein Festival kuratieren, das selbstverständlich ausschließlich Größen seiner Plattenfirma ECM präsentierte. Wobei ‘Nichtkünstler’ natürlich ein Understatement ist. Eicher hat sich mit seinem beeindruckenden Werk und seinem schweigsamen Wesen längst selbst die Aura eines Auteurs geschaffen. Nicht ohne Grund waren die Huldigungen zum 50. Label-Geburtstag vergangenes Jahr vor allem Eicher-Huldigungen. […] Bemerkenswert: wie gut jedes dieser Konzerte klang und wie konzentriert das Publikum zuhörte. Manfred Eicher selbst war fast immer anwesend. So war es jedes Mal so, als sei man bei einer seiner Produktionen dabei. Und würde sekundenlang der Stille hinterherlauschen, ehe die Musik einsetzt.”
In der von ihm kuratierten Konzertreihe setzte Eicher auf ein ungemein farbiges und stilistisch breitgefächertes Programm, das bei den Hörern eine gute Portion musikalischer Offenheit voraussetzte. “Arvo Pärt war ein Abend gewidmet. Stille, Spannung, Andacht”, notierte Ulrich Steinmetzger in der Mitteldeutschen Zeitung. “'Fratres', Pärts signifikantestes Werk am Beginn, dann der Cantus von Benjamin Britten, ‘Adam’s Lament’, ‘Salve Regina’ und ‘Te Deum’, ein Publikum in beglückter Zuneigungsstarre, bis sich die 2.100 Gäste geschlossen erhoben und sich der Jubel entlud. […] Weltmusikalische Spielarten von Jazz und Verwandtem gab es auch: Mit dem Tunesier Anouar Brahem, der Amerikanerin Meredith Monk, dem Brasilianer Egberto Gismonti und dem Israeli Avishai Cohen, um schließlich mit dem Duo Anja Lechner und Pablo Márquez noch einmal mit Kompositionen von Schubert und Silvestrov die Zeit stillstehen zu lassen. In der Summe ergab das ein weit das Übliche übersteigendes Festival in einer Vielfalt, mit der die Mär vom in sich geschlossenen ECM-Sound facettenreich widerlegt wurde.”
“Acht Konzerte in der Elbphilharmonie reflektieren die bahnbrechende Ästhetik des Musiklabels ECM”, merkte Wolfgang Sandner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an. “Bei stets voll Sälen wurde es eine eindrucksvolle Demonstration der musikalisch-stilistisch-ethnischen Vielfalt von ECM, zudem ein erfreuliches Beispiel für den bisweilen aufkeimenden ästhetischen Widerstand gegen die akustisch aufreizende Klangflut unserer Zeit und schließlich – aus Sicht der Elbphilharmonie – ein Nachweis der Tauglichkeit des großen Saals für extrem sensible Kammermusik, wenn selbst Flageoletts der einsamen akustischen Gitarre Egberto Gismontis bis in die Höhen des letzten Ranges vorzudringen vermögen. […] Man wünschte sich ein solch konzentriertes interpretatorisches Hineinhören bei gleichzeitig unbedingter Aufmerksamkeit des Publikums öfter und fand es hier auch beim Ensemble Modern mit dem szenischen Konzert ‘Eislermaterial’ von Heiner Goebbels, einem glücklicherweise noch nicht als Klassiker entrücktem Beispiel von gesellschaftskritischem Kommentieren und Arrangieren musikalischen Materials. […] Ähnlich faszinierend, wenngleich das Vokabular musikalischer Aktion nicht verlassend, war Kim Kashkashians Auseinandersetzung mit den hermetischen Miniaturen ‘Signs, Games, And Messages’ von György Kurtág. Wie es der Violaspielerin hier gelang, jede Klangnuance als logische Konsequenz der kompositorischen Struktur zu gestalten und zugleich die pure Schönheit dieser fragilen, leise vorüberhuschenden Klanggesten zu betonen, grenzte ans Wunderbare. ECM gemäß, könnte man sagen.”