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Tief geschürft – Das Danish String Quartet vollendet seinen großen Beethoven-Zyklus "Prism“

Danish String Quartet
14.04.2023
Acht Jahre lang hat das Danish String Quartet sein Hauptaugenmerk auf Beethoven als Bachs Fortsetzer und Visionär der Moderne, der der Wiener Klassik vollkommen neue Welten erschloss, gelegt. Herausgekommen ist eine Aufnahmeserie, die ein erstaunliches Netz von Beziehungen zwischen Bach, Beethoven und späteren Komponisten wie Schostakowitsch, Bartók oder Schnittke knüpfte. Jede Folge des grammy-nominierten Prism-Projekts kombinierte eine Fuge von Bach mit einem der späten Streichquartette Beethovens und einem danach komponierten Werk der Quartett-Literatur. Beethovens Musik sollte als Prisma erlebbar werden, das Bachs Lichtstrahl in zahllose Richtungen gebrochen hatte. 
Jetzt ist die Serie an ihr Ende gekommen. Mit der soeben erschienenen fünften und letzten Folge von Prism liegt der Zyklus vollständig vor. Dabei ragt “Prism V”, in dessen Zentrum Beethovens Streichquartett Nr. 16 in F-Dur op. 135 steht, insofern aus der Reihe heraus, als es neben einer Bach-Fuge ein Choralvorspiel des Thomaskantors enthält und damit einen spirituellen Akzent setzt.
Spiritueller Akzent
Die Wahl des Stücks ist glücklich getroffen: “Vor deinen Thron tret ich hiermit” (BWV 668) kann, wenn man den Text des Chorals zurate zieht, als eine Art Memento mori aufgefasst werden, eine Reflexion des Todes, mit einer zarten Bitte um Vergebung. Aber die Zartheit und Ergebenheit, die aus dem Gesangstext von Bodo von Hodenberg spricht, ist auch in Bachs virtuoser Bearbeitung zu spüren. Die vier Streicher tragen das Werk, das am Beginn ihres Albums “Prism V” steht, so anmutig und hingebungsvoll vor, dass sich ein Gefühl der spirituellen Überschreitung menschlicher Grenzen fast automatisch einstellt. Und ist dies nicht auch der Eindruck, der sich beim Hören von Beethovens späten Streichquartetten aufdrängt?
Bei kaum einem Werk von Beethoven ist die Wirkung des Unfassbaren, des zugleich Neuen und immer schon Dagewesenen aber so atemberaubend wie in seinem Streichquartett Nr. 16 in F-Dur op. 135. Das Werk strahlt eine solche Erhabenheit aus, dass man sich buchstäblich an einen anderen Ort versetzt fühlt. “Vom Tode berührt, gibt die meisterliche Hand die Stoffmassen frei, die sie zuvor formte”, verneigte sich Adorno, der den existenziellen Atem dieser Komposition spürte, vor Beethoven.
Musikgeschichtliche Bezüge
Die vier Streicher widmen sich jeder klanglichen Kostbarkeit dieses Werks, das Beethoven im Juli 1826, rund neun Monate vor seinem Tod, begann und das ungeachtet der schwierigen Lebenssituation des Komponisten eine frappierend zuversichtliche, ja heitere Stimmung verströmt. Als “modernes” Werk folgt Weberns langsam fließendes und doch voller Spannung steckendes Streichquartett von 1905, das zwischen Spätromantik und dem durch Schönberg initiierten Aufbruch in eine neue Ära der Musikgeschichte anzusiedeln ist. 
Den Abschluss von “Prism V” bildet Bachs unvollendeter Contrapunctus Nr. XIV aus dem Zyklus “Die Kunst der Fuge” (BWV 1080). Glenn Gould hat über diese Fuge einmal gesagt, dass sie an manchen Stellen in ihrer unaufgelösten Form bis zum frühen Schönberg reicht. In Prism V schließen sich mithin viele Kreise, wird Musikgeschichte in zahllosen Bezügen erlebbar.

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