Wenn es denn draußen schon nichts wird mit einem richtigen Winter, dann wenigstens im Kino. Quentin Tarantinos neuer Film “The Hateful Eight” entführt den Zuschauer in einen Schneesturm, irgendwo in Wyoming, ein paar Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Eine Postkutsche auf dem Weg nach Red Rock muss Halt an einer Station machen. Unfreiwillig harrt der zusammengewürfelte, zwielichtige Haufen in der Herberge aus. Es wird ziemlich tödlich.
“The Hateful Eight” ist nach “Django Unchained” Tarantinos zweiter Ausflug ins Western-Genre
Mit seinem neuen Oeuvre knüpft der Oscar-Preisträger an den Vorgänger an: Wo “
Django Unchained” mit der Ästhetik der Italo-Westerns von
Sergio Leone und
Sergio Corbucci spielt, musikalisch untermalt von einzelnen Stücken der klassischen Filmscores
Ennio Morricones, so ist “The Hateful Eight” wieder ein waschechter Tarantino-Film, für den er allerdings exklusiv niemand Geringeren als Mr. Morricone höchstpersönlich gewann.
Dies ist der erste Original-Score eines Tarantino-Films
Eigentlich wollte er nie einem einzelnen Komponisten die Seele seines Films überlassen, sagte Tarantino kürzlich im Interview mit Indiewire. Schließlich aber spürte er, dass sein Western unbedingt einen Original-Soundtrack brauche, berichtet das Magazin Filmstarts.de. “So habe ich noch nie in meinem Leben gedacht, ich habe diese Stimme in meinem Inneren noch nie gehört.”
Nach über vierzig Jahren hat Ennio Morricone hier wieder einen Western musikalisch unterlegt. Rund 70 Millionen Alben seiner Soundtracks verkaufte der Römer in seiner über sechzigjährigen Karriere als Filmkomponist. Auch über Kult-Filme wie das Gangster-Epos “Es war einmal in Amerika” und die Komödie “Ein Käfig voller Narren” kennt quasi jeder seine Musik.
Uiiuiiuuu — da-da-daaa!
Auf das Coyotengeheul, Peitschenknallen, Kirchenglockengeläut der berühmten Spaghetti-Scores (“Spiel mir das Lied vom Tod”, “Für eine Handvoll Dollar”, “Zwei glorreiche Halunken”) von Morricone wartet der Hörer vergeblich. Eckpfeiler sind einige unveröffentlichte Stücke, die Morricone ursprünglich für John Carpenters “Das Ding aus einer anderen Welt” komponiert hatte. Dem englischen Telegraph sagte der 87-Jährige, dass er sich mit “The Hateful Eight” keinesfalls wiederholen wollte. Wenn Tarantino auf etwas Ähnlichem zu Sergio Leone bestanden hätte, dann hätte er abgelehnt.
Die Musik Morricones lief schon in fünf Tarantino-Filmen
Bereits in “Kill Bill” und “Inglorious Basterds”, allen voran in “Django Unchained” hat Tarantino die Musik Morricones eingesetzt, wofür der große alte Mann des Italo-Kinos nicht immer ein gutes Wort fand: Die Musik von “Django” wäre ohne Kontext eingesetzt worden. Teilweise nahm Morricone dieses ganz schön harte Urteil zurück. Diplomatisch, denn auch ohne Film haben viele Tarantino-Soundtracks Kultstatus. Allein die Musik von “Pulp Fiction” verkaufte sich millionenfach.
Was brachte Morricone dazu, den Score zu komponieren?
So einen Western wie “The Hateful Eight” habe es noch nie gegeben, gab Morricone dem Telegraph zu Protokoll. Um die unaufhaltsame Gewalt der Geschichte herauszubringen, habe er “ein ganz ungewöhnliches Motiv eingesetzt und es mit zwei Fagotten instrumentiert, um einen ganz schweren, ernsten Klang zu erzeugen – völlig anders als in den Leone-Filmen – das hier ist Tarantino-Musik.” Neben Morricones Score enthält der Soundtrack die Songs “Apple Blossom” von den White Stripes, “Now You´re Alone” von David Hess und Roy Orbisons “There Won´t Be Many Coming Home”.
“The Hateful Eight” ist bereits für zwei Golden Globes nominiert worden
Nach einem Konzertmitschnitt des Filmscores Anfang Dezember in Londons legendären Abbey Road Studios, wo Morricone das tschechische National Symphony Orchestra dirigierte, wurde bekannt, dass der Soundtrack von “The Hateful Eight” (neben dem Drehbuch) für die Golden Globes nominiert worden ist. Es wird sicher nicht bei Amerikas zweitwichtigstem Filmpreis bleiben. “The Hateful Eight” markiert die direkte Zusammenarbeit von zwei (ganz unterschiedlichen) Großmeistern der Filmkunst. Beide haben hier ihre Perspektive geändert, um etwas Gewaltiges und Einzigartiges zu schaffen. Die Lawine rollt.