Die Musik von
Frédéric Chopin beseelt das Publikum seit über anderthalb Jahrhunderten. Man kann mit einigem Recht sagen, dass der polnische Komponist, der in Paris eine zweite Heimat fand, einer der beliebtesten Tonschöpfer der romantischen Epoche ist. Chopin wühlte das Pariser Salonleben mit seiner avantgardistischen Klangpoesie auf. Er nahm Größen wie
Liszt und
Mendelssohn für sich ein, entflammte
Schumann, der Chopins Genialität in bewundernden Essays beschwor, und drang schließlich mit unaufhaltsamer Macht zu einem Massenpublikum durch. Seine der italienischen Oper und der polnischen Volksmusik huldigende Melodik geht unmittelbar zu Herzen. Seine komplexen, neuartigen Harmonien überraschen und sorgen stetig für Abwechslung. Sein tänzerischer Furor reißt mit.
“Chopins Musik ist für alle Leute unmittelbar verständlich”, so der polnische Starpianist
Krystian Zimerman. “Die Menschen haben einen Draht zu dieser Musik, Chopin braucht keinerlei Umwege, er hat im Gegenteil irgendwie eine Abkürzung in die menschliche Seele gefunden, berührt dort auf direktestem Weg.”
Farbenprächtiger Chopin-Kosmos
Dazu braucht es allerdings Vermittler, Interpreten, die Chopins Musik zum Klingen bringen. Dass dies auf höchst unterschiedliche Weise geschehen kann, der Chopin-Kosmos also ein bunter ist, voller prächtiger Farben und zahlloser Schattierungen, davon zeugt eine limitierte Edition, die soeben bei
Deutsche Grammophon erschienen ist. Die Ausgabe präsentiert eine erlesene Auswahl der größten Chopin-Interpretinnen und -Interpreten des 20. und 21. Jahrhunderts. Auf 28 Tonträgern erlebt man seltene Recitals, Bestseller- und Kultalben der Chopin-Interpretation. Mit dem Klavierkonzert Nr. 1 in e-Moll in der feinfühligen Interpretation von
Maria João Pires mit dem
Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von
André Previn wartet die Ausgabe auch mit einer Welterstveröffentlichung auf.
Die unterschiedlichen Stile der Pianistinnen und Pianisten laden zu reizvollen Vergleichen an. So nehmen zum Beispiel Chopins Préludes op. 28 in der vornehm zurückhaltenden Interpretation von
Géza Anda eine völlig andere Gestalt an als in dem leidenschaftlich drängenden Vortrag von
Martha Argerich oder der zarten poetischen Manier des jungen koreanischen Pianisten
Seong-Jin Cho. Alle drei Aufnahmen sind wertvoll. Sie entfalten auf je individuelle Weise die expressiven Möglichkeiten, die Chopins Musik in sich trägt.
Who’s Who der pianistischen Weltelite
Die Namen der noblen Edition, der ein unterhaltsames Booklet mit einem klugen Essay von
Jed Distler beiliegt, lesen sich wie das Who’s Who der pianistischen Weltelite: von älteren Granden der Chopin-Interpretation wie
Stefan Askenase oder
Arturo Benedetti Michelangeli über in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts geborene Größen wie
Tamás Vásáry oder
Roberto Szidon bis hin zu jüngeren, das Klanggefühl des 21. Jahrhunderts repräsentierende Chopin-Spezialisten wie
Rafał Blechacz oder
Yundi Li.Entsprechend reich ist das Klangspektrum der Ausgabe. Chopins Musik lässt viel Raum für das eigene Gefühl. Davon profitieren nicht nur die Interpreten, sondern auch die Hörerinnen und Hörer, ob sie nun die aristokratische Eleganz eines
Maurizio Pollini, die geschliffene Art eines
Emil Gilels oder die ekstatischen Ausbrüche von
Ivo Pogorelich bevorzugen. Chopins Fülle hat Platz für die unterschiedlichsten pianistischen Temperamente. “Er war der Größte von allen”, so
Claude Debussy, “denn allein mit dem Klavier entdeckte er alles.”