Als
Grace Bumbry 1960 zum ersten Mal in Paris auf der Opernbühne in der Rolle der Amneris in Erscheinung trat, war sie eine Sensation. Nicht nur wegen der fantastischen Strahlkraft ihrer Stimme, sondern auch, weil sie als erste afroamerikanische Operndiva ihren wohlverdienten Platz im Rampenlicht einnahm. Legendär wurde ihr Auftritt in
Wagners “
Tannhäuser” bei den Bayreuther Festspielen, in der Regie von Wagner-Urenkel Wieland, die Presse bedachte sie in der Folge mit dem Titel “Schwarze Venus”. Doch nicht nur in Wagners Gesamtkunstwerken, sondern auch in den Opern von
Giuseppe Verdi, in barocken Oratorien, romantischen Liedern und in der Unterhaltungsmusik fühlte die amerikanische Sängerin sich zuhause. Die neue Edition der Deutschen Grammophon bringt die Vielseitigkeit der Künstlerin, die in diesem Monat ihren 80. Geburtstag feiern konnte, wunderbar zum Ausdruck.
Stimmliche Wandlungsfähigkeit
Die Sammlung umfasst acht CDs und eine DVD und präsentiert damit ganz unterschiedliche Highlights aus Grace Bumbrys musikalischer Laufbahn. Vier Alben widmen sich den barocken englischen Oratorien “Israel in Egypt” und “Judas Maccabeus” von
Georg Friedrich Händel, die Grace Bumbry unter der Leitung von
Maurice Abravanel und dem
Utah Symphony Orchestra eingespielt hat und die nun in dieser Edition erstmals vollständig beim gelben Label erscheinen. In Händels Arie “Father of Heav’n! from Thy eternal throne” schimmert ihre Stimme hell und golden, wohingegen sie in der Air “Their land brought forth frogs” ein erdiges Timbre offenbart. Diese faszinierende und spektakuläre Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme prägte Grace Bumbrys Karriere. Nachdem sie zunächst als Mezzosopranistin auf sich aufmerksam machte, weitete sie ihr Repertoire erfolgreich auf dramatische Sopranrollen aus, blieb aber den Mezzopartien bis zum Ende ihrer Laufbahn treu.
Künstlerischer Enthusiasmus
Zutiefst berührend sind Grace Bumbrys Interpretationen der Lieder von Hugo Wolf, Franz Schubert, Johannes Brahms und Franz Liszt, in denen sie Emotionen wie Sehnsucht, Klage, Glück und Schmerz formvollendet mit ihrer Stimme auskostet und alle inhaltlichen Regungen der Texte mal mit herber Altfarbe, mal mit metallisch funkelnder Strahlkraft oder mit feurig glühender Leidenschaft musikalisch vermittelt.
In einer reichen Sammlung klassischer und romantischer Opernarien von Gluck, Mascagni, Bizet, Gounod, Saint-Saens, Tschaikowski und Verdi stellt Grace Bumbry auf zwei weiteren Alben ihre Begeisterung für die Oper unter Beweis und schlüpft in ganz unterschiedliche Rollen, die ihre Laufbahn geprägt haben.
Für das Album “With love” hat Grace Bumbry die vertrauten Pfade der Klassikwelt verlassen und sich an der Seite von Dionne Warwick für einen spektakulären künstlerischen Ausflug der Soul- und Pop-Musik zugewandt. Bei all der unbändigen Energie und Leidenschaft für das Singen, verwundert es kaum, dass sie stimmlich auch in diesem Genre vollkommen überzeugt.
Universelle Würdigung
Neben den vielen akustischen Kostbarkeiten bietet die Edition “The Art of Grace Bumbry” ein weiteres Highlight: 1967 ist unter der musikalischen Leitung von Herbert von Karajan eine Filmproduktion von Georges Bizets Oper “Carmen” entstanden, in der man Grace Bumbry in der Hauptrolle erleben kann. Die DVD mit dem Mitschnitt bereichert “The Art of Grace Bumbry” um exzellente audiovisuelle Eindrücke. Das umfangreiche Booklet mit neuen Künstlerfotos und einem Interview mit der Sängerin ist schließlich das i-Tüpfelchen der rundherum gelungenen Edition, die Grace Bumbry zum 80. Geburtstag stilvoll würdigt.