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Apokalypse There

26.04.2002
Es war so einfach gedacht. Eine militärische Kommandoaktion in Somalia, bei der amerikanische Spezialeinheiten Offiziere des dortigen Kriegsherren Aidid entführen sollten, um eine Wende der Auseinandersetzung herbeizuführen. Doch die Aktion endete im Desaster, Soldaten starben und die Army war blamiert. Schon deshalb führt Ridley Scotts Kinoversion der Geschehnisse “Black Hawk Down” zu heftigen Kontroversen. Einig sind sich die Rezensenten nur in einem Punkt: Der Soundtrack des Streifens ist famos.
Kriegsfilme haben etwas Ambivalentes. Regisseure können noch so sehr beteuern, dass sie all das zutiefst verabscheuen, was da auf der Leinwand geschieht. Sie können politisch korrekt oder kritisch Stellung beziehen, historische Zusammenhänge offen legen und auf die läuternde Wirkung des Fiktionalen verweisen. Trotzdem bleiben die Bilder brutal und speisen sich aus dem Bedürfnis nach Gewalt. Denn niemand braucht die Szenen, in denen sich Menschen massakrieren. Niemand will sehen, wie einem anderen der Kopf weggeschossen oder das Sturmgewehr in die Eingeweide gerammt wird, wie Städte in die Luft gejagt und Soldaten in den Wahnsinn getrieben werden.
 
Kriegsfilme sind daher immer Politik, mal hinter einer ästhetischen, gesellschaftlichen Diskussion versteckt, mal offen formuliert. So wurde auch bei “Black Hawk Down” heftig debattiert, ob das Gemetzel nun tatsächlich in die Kinos kommen darf oder soll. Schließlich hatte sich Ridley Scott, der Regisseur von “Thelma & Louise” und dem “Gladiator”, einer peinlichen Begebenheit der amerikanischen Militärgeschichte angenommen, bei der am 3. Oktober 1993 im somalischen Mogadischu 18 Soldaten getötet, 73 verletzt und zwei Hubschrauber abgeschossen wurden. Und er hatte mit Blick auf die Psyche der Beteiligten und die Präzision der Spezialeffekte einen Film gedreht, den die Presse mitunter als “hart und extrem realistisch” (Tagesthemen) kennzeichnete.
 
Ridley Scott jedenfalls ist Perfektionist. Deshalb hat er sich nicht nur eine hervorragende Mannschaft ins Team geladen, die inzwischen wie Petro Scalia für den Schnitt und Mike Minkler, Netinga und Chris Munro für den Ton von “Black Hawk Down” einen Oscar erhalten haben. Er hat mit Hans Zimmer auch einen der profiliertesten Komponisten der modernen Filmmusik die Verantwortung des Soundtracks übertragen. Der 1957 in Frankfurt geborene Klanggestalter hatte bereits mit “Rain Man” seine Kompetenz bewiesen und sie seitdem mit berühmten Filmen wie “König der Löwen” und “Der Gladiator” ausgebaut.
 
Für “Black Hawk Down” hat Zimmer einen ungewöhnlichen Soundkosmos geschaffen, der sich mit finsteren und melancholischen Melodien der Aufgabe nähert, die heftigen Bildern zu begleiten. Unterstützt wird er von dem in Paris lebenden Rai-Sänger Rachid Taha, dem Punk-Veteran Joe Strummer (Ex-The Clash), Lisa Gerrard (Dead Can Dance) und vor allem von Baaba Maal, der als Sänger aus der Grenzregion zwischen Mali, Mauretanien und dem Senegal bestens mit der Seelenlage afrikanischer Menschen vertraut ist. So entstand ein ungewöhnliches, beeindruckendes Konglomerat von Stimmungen, das auch unabhängig von den Bildern durch Intensität besticht.

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