Er ist einer der Männer hinter den Kulissen. Claus Ogermann arrangierte bereits für Frank Sinatra und Quincy Jones, Antonio Carlos Jobim und Diana Krall. Seine musikalischen Ideen prägten das Klangambiente der sechziger und siebziger Jahre, ob als orchestraler Rahmen der Bossa Nova oder als Streichersaz der Philly-Sound-Ära. Während all der Jahre war Ogermann auch als klassischer Komponist aktiv, verbarg diese Begabung jedoch hinter dem Paravent des populären Erfolgs. So ist es an der Zeit, sich einem Musikästheten von einer neuen Seite zu nähern. Die Geigerin Yue Deng und der Pianist Jean-Yves Thibaudet geben ihr Bestes.
Claus Ogermann stammt aus dem schlesischen Ratibor. 1936 geboren, begann er als Kind, Klavier zu spielen. Die Nazidiktatur und der zweite Weltkrieg verhinderten jedoch, dass er bereits in frühen Jahren sich ausführlich mit Musik beschäftigen konnte. Als Ogermann nach Kriegsende mit Klängen zusammenkam, die er zuvor nur heimlich über “Feindsender” hatte hören können, wusste er allerdings schnell, wohin sein Weg führen könnte. In Hamburg und Nürnberg studierte er klassische Musik, lernte das Handwerk des Komponisten von Grund auf und jobbte zum Broterwerb als Orchesterpianist in Big Bands wie bei Kurt Edelhagen. Im März des Jahres flog 1959 Ogemann für einen Kurzurlaub nach New York und war sprachlos: “Ich hatte nicht vor, dort zu bleiben. Aber die Stadt hatte eine Aura. Wenn man in die Meldelisten der Gewerkschaften blickte, waren allein in Manhattan 400 Arrangeure und 800 Trompeter aufgeführt. Da wusste ich, wo ich war: Im Mekka der Musik”. Er hatte das Glück, mit seinen bisherigen Jobs einige Rücklagen geschaffen zu haben, und so wagte er den Sprung ins Haifischbecken des Jazz. Das Schicksal spielte mit. Ein Bekannter stellte ihn Quincy Jones vor, damals Talentscout und späterer Vizepräsident von Mercury Records. Dieser griff dem Greenhorn unter die Arme und verschaffte ihm ein paar Aufträge. Und Ogermann bewährte sich.
Der Song “It’s My Party” der jungen Leslie Gores war 1961 Quincy Jones' erster großer Hitparadenerfolg als Produzent. Die Arrangements stammte von Claus Ogermann. Damit waren die Türen zum Business geöffnet. Der clevere Neuling fand Nischen wie die boomende Bossa Nova, arrangierte LP-Klassiker wie das Album “Antonio Carlos Jobim – The Composer Of Desafinado Plays” und wurde so etwas wie ein Haustonsetzer des brasilianischen Melodiegenies. Ogermann avancierte zum Fachmann für großorchestrale Begleitungen, schrieb Streichersätze für Stan Getz, Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. oder Oscar Peterson, gehörte zu den Vätern des Philly-Sounds der Siebziger und schuf sogar Fusion-Klangräume wie George Bensons “Breezin'”. Ende der Siebziger schließlich zog er sich zurück widmete sich seinen klassischen Kompositionen, ließ sich allerdings für Alben wie Diana Kralls “The Look Of Love” zu gelegentlichen Gastarrangements überreden. Bei all dem Erfolg aber war ihm von Anfang an die klassische Musik ein Anliegen, das ihm nur keiner abkaufte. So musste Ogermann bis dieser Tage warten, um in prominentem Rahmen einige seiner kammermusikalischen Pretiosen präsentierten zu können. “Violin and Piano Works” ist ein postromatisch elegisches Klangbrevier mit deutlichen Querverweisen auf die Ideen des späten französischen Impressionismus, das sich in sieben Kapiteln der intimen Kommunikationsform des Duos hingibt. Und wieder hat Ogermann Glück, denn mit Jean-Yves Thibaudet am Klavier und der chinesischen Geigerin Yue Deng hat er ein ideales Interpreten-Team gefunden, das sein “Lyrisches Duo”, seine “Sarabande-Fantasie”, sein “Preludio and Chant” oder auch die “Nightwings” mit sympathetischer Eleganz in akustische Kunst verwandelt.