Joep Beving | News | Musikalische Philosophen und Seelenverwandte: Joep Beving und Roger Eno

Musikalische Philosophen und Seelenverwandte: Joep Beving und Roger Eno

Joep Beving & Roger Eno
©Rahi Rezvani und Cecily Eno
28.04.2022
In gewisser Weise sind Joep Beving und Roger Eno musikalische Seelenverwandte: Beide sind sie unermüdliche Sinnsucher und künstlerische Philosophen, hoch sensibel und tief bewegend in ihren klangvollen Schöpfungen. Nun sind bei Deutsche Grammophon zwei neue Alben der Komponisten erschienen, die abermals eindrucksvoll belegen, mit welch Tiefe und feinsinniger Reife die beiden zu Werke gehen. Das Album “Hermetism” von Joep Beving wurde am 8. April veröffentlicht, das Album “The Turning Year” von Roger Eno ist am 22. April erschienen.

“Hermetism” von Joep Beving – auf den Spuren antiker Philosophie

Joep Beving ist ein sinnlicher Ästhet, stets auf der Suche nach Schönheit, nach Harmonie und Gleichklang und tief berührt von den Geschehnissen auf der Welt, die diese Anmut mitunter brutal in Frage stellen. In seiner Musik versucht er umso mehr, einen Zustand der inneren Zentriertheit und Ruhe zu erreichen, um daraus Kraft zu schöpfen für das Leben selbst. Nach “Solipsism”, “Prehension” und “Henosis” ist “Hermetism” bereits das vierte Album des niederländischen Komponisten und Pianisten für das gelbe Label. Wie schon auf seinen ersten drei Veröffentlichungen nimmt Beving die Hörer mit auf eine spannende philosophische Reise. Dabei kehrt er zurück zu seinen musikalischen Ursprüngen und präsentiert zwölf neue Stücke, solistisch eingespielt auf seinem Klavier. Im Vorfeld der Entstehung seines neuen Albums hat sich Beving in die spirituelle Lehre des Hermetismus vertieft, die sich auf antike Schriften beruft und einst einem griechischen Verfasser namens Hermes Trismegistos zugeschrieben wurde. Im Zentrum der Lehre stehen sieben Naturgesetze, die über Jahrhunderte weitergegeben worden sein sollen und später im Kybalion zusammengefasst wurden, einem Text, der in jüngerer Zeit die Vorstellungen des New Age beeinflusst hat. Es sind Grundsätze, die alle für ein kontinuierliches Gleichgewicht im Leben eine Rolle spielen, etwa das Prinzip von Ursache und Wirkung oder das des Rhythmus. Für Beving waren sie eine Offenbarung, fand er darin doch Grundsätze wieder, die er längst in seiner Musik entdeckt hat und mit denen er seine Hörer in den Bann zieht. “Die Lehren rund um diese Prinzipien erscheinen mir so wahrhaftig, ich hoffe, dass sie andere inspirieren werden”, so der Künstler. Auf den zwölf Stücken des Albums spiegeln sich diese Lebensweisheiten vielschichtig wieder. So greift etwas das Stück Last Dance” das Prinzip des Rhythmus auf und betört mit seinem spiralförmigen, kreisenden Grundcharakter, der einem Mantra gleicht. Ähnlich intensiv ist auch das Stück “Dervish”, eine Ode an das Leben und Werk des griechisch-armenischen Schriftstellers und Komponisten George Gurdjieff, der Beving sehr inspiriert.

“The Turning Year” von Roger Eno – tiefgründiges Solodebut eines unermüdlichen Sinnsuchers

Mit “The Turning Year” ist am 22. April das erste Solo-Album überhaupt des britischen Klangkünstlers Roger Eno erschienen, der in seinen feinsinnigen und berührenden Kompositionen mit Poesie und Wachheit auf das Leben blickt. Im letzten Jahr erst veröffentlichte Roger Eno gemeinsam mit seinem Bruder Brian Eno das erfolgreiche “Mixing Colours”-Album, nun gewährt das neue Album einen noch intimeren, persönlicheren Einblick in Roger Enos Gefühls- und Klangwelt. Es sind freie, verspielte und innig berührende Kompositionen, die sich auf diesem Opus wiederfinden und die intensiv widerspiegeln, wie Eno auf die Welt blickt. Eno hat das Album zum Anlass genommen, darüber nachzudenken, was die Musik für ihn bedeutet und in welcher Welt er lebt. " Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie Großbritannien heute ist – ein Ort der Spaltung und wachsenden Ungleichheit – und wie es war, als ich hier aufwuchs. Es gibt in mir eine Sehnsucht nach einem besseren Ort, der nicht mehr existiert oder vielleicht nie existierte", so Eno. Mal pur am Klavier, mal begleitet vom Streichensemble Scoring Berlin findet sich eine Mischung an neuen Werken und Favoriten aus Enos Konzertrepertoire auf “The Turning Year”, die alle ganz unterschiedliche Emotionen und Eindrücke festhalten. “The Turning Year” ist wie eine Sammlung von Kurzgeschichten oder von Fotografien vereinzelter Szenen, jede für sich hat einen eigenen Charakter, und doch hängen sie eng miteinander zusammen", sagt der Komponist selbst über das Album. Dabei erinnere ihn die Musik daran, dass wir unser Leben in Facetten leben, nur flüchtige Blicke erhaschen, durch das Leben streifen und den Wechsel des Jahres registrieren würden. Dieser Ansatz hallt in improvisatorischen Stücken wie “Stars and Wheels” ebenso wieder wie er im Lobgesang “Hymn”, dem emotionalen Werk “A Place We Once Walked” oder der musikalischen Meditation “On the Horizon” Ausdruck findet.

Erkenntnis, Hoffnung und Trost

So individuell und einzigartig ihr jeweiliger Stil ist – was Beving und Eno eint, ist ihr weiser melancholischer Blick auf die Welt und der Trost und die Hoffnung, die beide in ihrer Musik finden. “Ich hoffe, dass die Musik tröstet und Gemeinschaft stiftet”, sagt Joep Beving selbst über seine Musik. Wie kraftvoll und wie emotional ihm und Roger Eno dies gelingt, beweisen die beiden neuen Alben der Künstler.

Mehr Musik von Joep Beving

Mehr von Joep Beving