Das Album “Englabörn” markiert in der Biographie des Komponisten Jóhann Jóhannsson einen Meilenstein: Es wurde 2002 als erstes solistisches Album des Künstlers veröffentlicht und war der Ausgangspunkt für die internationale Karriere des Komponisten als Schöpfer bis dato ungehörter Klänge. Am 23. März wird mit dem Doppelalbum “Englabörn & Variations” nun 16 Jahre nach dem Erscheinen des Debuts und nur wenige Wochen nach dem plötzlichen Tod des vielseitigen Komponisten eine neu aufbereitete Version des Albums bei Deutsche Grammophon veröffentlicht. Neben den ursprünglichen, nun neu abgemischten Stücken enthält sie auch einige Reworks des Komponisten wie weiterer Künstler und setzt dem einzigartigen Schaffen von Jóhannsson ein berührendes Denkmal.
Packende Musik jenseits der Grenzen
“Einfachheit ist schwierig”, hat Jóhann Jóhannsson einmal gesagt. Er selbst war ein Meister darin, hochkomplexe Themen und stärkste Kontraste in seiner Musik mit scheinbarer Leichtigkeit und bezwingender Emotionalität miteinander in Beziehung zu setzen. Dabei hat er in seinen Werken eindrucksvoll die Grenzen zwischen klassischer und elektronischer Musik aufgehoben und eine ganz neue Art der Tonsprache kreiert, die schließlich das Genre des “Neoklassizismus” mitbegründete. Analog und digital, traditionell und radikal, alt und neu – scheinbar polare Aspekte fanden in seiner Musik zu neuen Klängen von berührender Schönheit und schlichter Anmut. Sein Album “Englabörn” in seiner Ursprungs- wie in seiner neu abgemischten Form dokumentiert diese Meisterschaft in besonderer Art und Weise.
Debütalbum in neuen Farben
Das Doppelalbum “Englabörn & Variations” wirft einen ganz neuen Blick auf das Debütalbum von Jóhannsson und erweckt die sechzehn Miniaturen in ihrer melodischen Eleganz und tiefgründigen Melancholie mit neuer Soundqualität zum Leben. Neben den bekannten Stücken des Albums sind außerdem verschiedene Reworks zu hören, die farbenreich neue Dimensionen erschließen. Dabei finden sich zum einen poetische Reworks von Jóhannsson selbst, darunter eine Version des Titeltracks “Odi et Amo” für Klavier solo, die von Vikingur Ólafsson eingespielt wurde, sowie eine Version dieses besonderen Werks für unbegleiteten Chor, die vom Ensemble Theatre of Voices eingesungen wurde. Zum anderen lud Jóhann Jóhannsson weitere Musiker, die er bewunderte, ein, seine Stücke zu bearbeiten. Das Ambient-Duo “A Winged Victory for the Sullen” mit Dustin O’Halloran und Adam Bryanbaum Wiltzie, Komponist Alex Somers, der Komponist und Produzent Paul Corley sowie der Geiger, Arrangeur und Komponist Viktor Orri Árnason steuerten ihre Reworks bei, sowie auch die Cellistin und Komponistin Hildur Guðnadóttir, mit der Jóhannsson eng befreundet war und viele Jahre zusammengearbeitet hat. Zudem ist ein Rework des japanischen Komponisten Ryūichi Sakamoto zu hören, für den Jóhannssons Musik “herausragend in ihrer intensiven Klangfülle und lyrischen Dichte” und darüber hinaus “sehr isländisch” ist.
Alpha und Omega berührend vereint
Es ist von großer Tragik, dass Jóhannssons einzigartige Karriere nun mit eben jenem Album beendet wird, mit dem sie einst begann. Gleichzeitig wird die ganze musikalische wie persönliche Entwicklung des Künstlers auf den Album “Englabörn & Variations” in besonders ausdrucksstarker und intimer Weise noch einmal erlebbar und vereint das Doppelalbum somit gleichsam Alpha und Omega in sich. Jóhann Jóhannsson war in den Wochen vor seinem Tod noch intensiv eingebunden in die Vorbereitungen für die Veröffentlichung. Das nun erscheinende Doppelalbum wird damit zur berührenden posthumen Würdigung eines hochsensiblen Klangschöpfers.