Johannes Brahms (1833–1897) war ein leidenschaftlicher Komponist. Seine Musik wirkte aus sich selbst heraus, war emotional gedacht und auch so konzipiert. Zeit seines Lebens wehrte er sich gegen die Vereinnahmung seiner Klangwelt durch die verschiedenen Moden und stellte sich vor allem gegen die inhaltliche Überfrachtung ganzer Werke, wie sie die neudeutsche Schule von Franz Liszt bis Richard Wagner anstrebte. Brahms suchte sein Glück in der Bearbeitung der Tradition, die sich von Bach, Händel, Beethoven herleiten ließ, nicht im Widerstand gegen die ästhetischen Modelle der Vergangenheit. Er war im konstruktiven Sinne konservativ, ein Spätromantiker, der die Welt der Harmonie erhalten und deren Energie auskosten wollte.
Und das macht ihn ebenso zeitlos wie aktuell und zu einer Herausforderung für alle Musiker, die mit Pathos experimentieren, dem aber nicht erliegen wollen. Am 7. Mai 2008 jährt sich der Geburtstag von Johannes Brahms zum 175. Mal und die Veröffentlichungen der vergangenen Wochen und Monate zeigen, dass seine Werke nichts von ihrem Reiz verloren habe. Man denke etwa an die hochgelobte Einspielung der Klavierquartette, die das Fauré Quartett derzeit in aller Munde sein lässt. Oder an die preisgekrönte Neuaufnahme des 1. Klavierkonzerts, mit der Krystian Zimerman unlängst international Furore machte. An Christian Thielemanns faszinierende Beschäftigung mit der ersten Sinfonie oder auch an Klassiker wie Leonard Bernsteins Verbeugung vor dem Meister, entstanden in den frühen Achtzigern mit den Wiener Philharmonikern und im Falle der Klavierkonzerte wiederum mit Krystian Zimerman als Solist, diesmal allerdings ein Vierteljahrhundert jünger.