Auch Beethoven war auf Bonaparte hereingefallen. Nachdem der Gewinnler der Französischen Revolution die Ideale der Vernunft über den Haufen geworfen und sich zum Kaiser gekrönt hatte, zeriss der Komponist das Titelblatt der Napoleon gewidmeten Sinfonie und benannte sie um in “Heroische Sinfonie, komponiert, um das Andenken eines großen Mannes zu feiern”. So kam sie als “Eroica” ins Repertoire der Konzertsäle und auch unter die Ägide von Karl Böhm mit den Berliner Philharmonikern.
Als sich Karl Böhm im Dezember 1961 an der Pult der Berliner Philharmoniker stellte, war er bereits ein Star der internationalen Konzertszene. Immerhin hatte der 1894 in Graz geborene Dirigent nicht nur über Jahre hinweg die Dresdner und Hamburger Oper geleitet und in dieser Funktion zahlreiche Uraufführungen vor allem von Richard Strauss verwirklicht, sondern in der Nachkriegszeit auch maßgeblich dazu beigetragen, dass die Wiener Oper ihre frühere Bedeutung bekam, überhaupt, dass Musikkultur aus Deutschland von Buenos Aires bis Moskau wieder anerkannt und gewürdigt wurde. Und mit den Berliner Philharmonikern verband ihn in den frühen Sechzigern bereits eine langjährige Freundschaft, die bis 1934 zurückreichte und sich über seinen engen Kontakt mit Wilhelm Furtwängler vertieft hatte.
Für die Aufnahme der “Eroica” wie auch der drei Jahre zuvor eingespielten “Coriolan”-Overtüre, die Beethoven 1807 als sinfonisches Tongemälde zu Heinrich Joseph von Collins gleichnamigen Drama verfasst hatte, wählte er mit Bedacht einen der wirkungsvollsten Räume für großorchestrale Musik in Berlin. Die Atmosphäre der Jesus-Christis-Kirche und deren hallbetonte Akustik verbanden sich mit Böhms gestalterischer Strenge, mit seiner Präzision und Fähigkeit, Spannungsbogen über lange zeitliche Distanzen zu entwickeln. Gemeinsam mit dem philharmonischen Spitzenensemble schuf er eine Referenzaufnahme, arbeitete konzentriert die kompositorische Strenge des Werkes heraus, die durch die Individualisierung der Instrumente und die Verteilung der Grundmotive auf selbständige Linien für die klassischen Verhältnisse der Beethoven-Zeit Maßstäbe der Klangarchitektur gesetzt hatte. Unter Böhms Leitung entwickelte die “Eroica”-Sinfonie eine ihr angemessene Größe, die “Coriolan”-Overtüre hingegen die notwendige Transparenz, über die der ‘Penguin Record Guide’ ins Schwärmen kam: “Coriolan ist besonders überzeugend gestaltet und in seiner noblen Zurückhaltung sehr wirkungsvoll”. Wie man es von Karl Böhm eben erwarten konnte.