Kian Soltani ist einer der spannendsten und charismatischsten Cellisten seiner Generation, der in seinem Spiel eine ungemeine Vielfalt an Klangfarben zum Leuchten bringt. Seit 2017 ist Soltani Exklusivkünstler bei Deutsche Grammophon, mit seinem Debutalbum “Home” hat er bereits große Erfolge gefeiert. Nun bringt der Musiker sein zweites Album beim gelben Label heraus und widmet sich darauf als Kernstück dem Cello-Konzert von Antonin Dvořák, live eingespielt zusammen mit der Staatskapelle Berlin unter Leitung von Daniel Barenboim. Außerdem finden sich auf dem Album fünf weitere Stücke von Dvořák, die Soltani für Cello solo und Cello Ensemble arrangiert hat. Ab 7. August ist das berührende Album international erhältlich.
Ein Werk voller Sehnsucht und Abschiedsschmerz: des Cello-Konzert von Antonin Dvořák
Im Zentrum des Albums steht mit dem Cello-Konzert in h-Moll op. 104 von Antonin Dvořák ein Werk voll schmerzlicher Sehnsucht und tiefer Trauer, das der Komponist während seiner Zeit in Amerika schuf. Reich an gesanglichen Themen, großen dramatischen Steigerungen und lyrischen Phrasen von berührender Innigkeit, ist das Konzert eines der wichtigsten Stücke der Celloliteratur, bei dem die Solostimme mit dem vielschichtigen Orchesterpart eng verwoben ist. Der erste Satz kommt heroisch daher und zieht mit einem einprägsamen Hauptthema in den Bann, wobei Soloinstrument und Orchester in einem engen Dialog stehen. Die folgenden beiden Sätze haben einen sehr persönlichen Hintergrund: Als Dvořák gerade am Adagio des Konzerts arbeitete, erfuhr er, dass seine Schwägerin Josefína Kaunitzová, seine heimliche große Liebe, schwer erkrankt war. Tief bewegt, baute der Komponist das Lieblingslied von Josefina, sein Stück “Lasst mich allein” aus seinen Vier Liedern op. 82 in den zweiten Satz ein und zitierte dieses im Mittelteil des “Adagio ma non troppo”. Auch den dritten Satz komponierte Dvořák mit Bezug zu seiner Schwägerin: So beließ er es nicht bei einer virtuosen Coda, wie ursprünglich geplant, sondern stellte nach Josefínas Tod im Mai 1895 eine Art Requiem an das Ende des Cellokonzerts, in dem er noch einmal das Lied zitiert. Für Kian Soltani ist dieses besondere Werk von Dvořák ein Lebensstück. Schon als er das Stück zum ersten Mal aufgeführt habe, sei ihm klar gewesen: “Dieses Werk wird mich mein Leben lang begleiten!”, so Soltani. Auf seinem Album ergänzt der Cellist dieses Schlüsselwerk durch verschiedene Arrangements für Solo-Cello und Celloensemble, darunter ein Arrangement des Lieds “Lasst mich allein”. Außerdem ist eine Bearbeitung des langsamen Satzes aus Dvořáks Symphonie “Aus der Neuen Welt” zu hören sowie das Stück “Als die alte Mutter mich noch lehrte singen”, das “Allegro moderato No. 1” aus “4 Romantic Pieces op. 75” und das Stück “Waldesruhe” aus “Aus dem Böhmerwalde” – drei klangschöne Miniaturen, die “Dvořáks reiche kompositorische Fantasie aufscheinen lassen”, wie Soltani sagt.
Sanglich, berührend und virtuos – die Interpretationskunst des Kian Soltani
Bei seiner Erkundung dieses farbenreichen Klangkosmos zeigt sich Kian Soltani als sensibler und hingebungsvoller Interpret, der mit warmem, satten Grundton und berührender Tiefe bei der Ausgestaltung der sanglichen Passagen in den Bann zieht. Dabei meistert Soltani die virtuosen Sprünge, Läufe und Doppelgriffe im Cellokonzert mit brillanter Wendigkeit und besticht mit reiner Intonation auch in den herausforderndsten Passagen. Mit Daniel Barenboim ist ein Künstler an seiner Seite, mit dem Soltani bereits eine langjährige Freundschaft verbindet. Diese innige Verbindung ist hörbar und spiegelt sich in dem eindringlichen Zusammenspiel zwischen der Staatskapelle Berlin und Soltani faszinierend wieder, während die Arrangements wiederum als konzentrierte Ensemblestücke überzeugen. Eine besonders intensive Wirkung des Albums entsteht durch die Tatsache, dass es sich bei der Einspielung des Cello-Konzerts um eine Live-Aufnahme handelt. “An jenem Abend lag in der Berliner Philharmonie ein besonderer Geist in der Luft, und ich hoffe sehr, dass das auch auf der Aufnahme zu hören ist”, sagt Soltani selbst. Dies ist zweifelsohne gelungen.