Das Modemagazin Vogue lobte Lamberts "meditativ impressionistisches Klavierspiel". Seine Miniaturen zeugen von einem “enormen Gespür für Melodien”, fand der “Rolling Stone”. Sein zweites Album “Stay in the Dark” (2015), das die “Welt” eine “radikale Sternstunde” nannte, machte Lambert zunächst in Deutschland, dann auch international bekannt. Vor zwei Jahren nahm ihn das Label Mercury KX unter Vertrag, das auch die Musik von Ólafur Arnalds und Luke Howard herausbringt. Nun bringt der Berliner Pianist und Komponist zwei Jahre nach “Sweet Apocalypse” sein viertes Studio-Album “True” heraus.
“Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er für sich selbst spricht. Gib ihm eine Maske, und er wird die Wahrheit sagen”, meinte einst der britische Dramatiker Oscar Wilde. Seit Beginn seiner Karriere trägt Lambert eine elegant gehörnte sardische Stiermaske. Auf dem neuen Album lotet er seine persönlichen, abstrakten, musikalischen “Wahrheiten” aus. Bei Lambert hat die Verhüllung etwas Poetisches. Sie mache ihn sofort erkennbar und gebe ihm gleichzeitig den Raum kreativer Freiheit, so der Mittdreißiger. In der Tat ist die Maske eine gute Metapher für Lamberts Musik, leichtfüßig und dennoch geheimnisvoll.
“Musik spiele jenseits von ‘Wahrheit’”, stellt Lambert fest.
Seinen unverwechselbaren Stil hat er auf “True” beibehalten. Mit einem minimalistischen Ostinato lässt Lambert in “Awake” die Sonne aufgehen. “Jean-Luc” ist inspiriert vom Kapitän der Starship USS Enterprise. “November” wirkt als Mittel gegen kühle Herbsttage. Be-Bop-Affinität dagegen zeigt der “Klassik-Exzentriker” (Radio 1) in “Sparrow”, der Mann hinter der Maske hat viele Gesichter. Durch das mysteriöse, getragene “Vienna” sieht er eigenen Angaben nach das Phantom der Oper (noch so einen Maskenträger) laufen. “Wedding” ist eine nach Stummfilmklavier klingende Ode an den Berliner Stadtteil. “Seit ich nach Berlin gezogen bin, haben die Leute davon geredet, dass Wedding die nächste hippe Gegend wird, aber es passiert nicht”, kommentiert er lakonisch.
Lambert nahm “True” in seinem Heimstudio auf, einem 10 Quadratmeter großen Raum. “Ich musste nirgendwo hingehen, um meine Wahrheit zu finden”, bekräftigt er. Zuhause konnte er ungestört experimentieren. Zusätzlich zum Klavier und einem Fender Rhodes-Piano nahm er Schlagzeug, Gitarre und Synthesizer mit in die Produktion.
“Im täglichen Leben spielen wir alle eine Rolle”, kommentiert Lambert.
In “True” schlüpft er ganz anonym in viele musikalische Identitäten. Irgendwo im Spannungsfeld zwischen Piano-Helden wie Erik Satie, Brad Mehldau, Keith Jarrett, Joep Beving und Gonzales findet Lambert zu sich selbst. “True“ ist ein wahrlich zeitgeistiges, post-klassisches Instrumental-Album.