Im Paris des 19. Jahrhunderts waren Opern ohne Ballett unvorstellbar, doch die meisten Komponisten betrachteten diese Zwischenspiele als reine Pflichtübung und kümmerten sich nicht sonderlich um deren Qualität. Im Jahre 1866 wollte es der Zufall, dass man sozusagen mitten in der Oper ein wahres Naturtalent für Tanzmusik entdeckte: den Chorleiter Léo Delibes, dem die Mitarbeit an einem neuen Ballett angetragen worden war. Delibes hatte zuvor bereits etliche heitere Opern komponiert, doch erst der Erfolg dieser neuen Unternehmung brachte ihm 1870 seinen ersten bedeutenden Auftrag ein – das abendfüllende Coppelia, das seinen Ruhm begründete und bis heute eines der beliebtesten klassischen Ballette geblieben ist. Delibes studierte am Pariser Conservatoire bei dem Komponisten Adolphe Adam. 1876 konnte er mit dem (musikalisch gesehen sogar noch interessanteren) Ballett Sylvia an den Erfolg von Coppelia anknüpfen. 1883 schrieb er dann schließlich sein Meisterwerk für die Opéra comique: die Oper Lakmé, die sich insbesondere durch ihre brillante Sopranpartie auszeichnet. In seinen letzten Lebensjahren wurde Delibes mit zahlreichen Ehrungen bedacht. Seine bezaubernde, farbenprächtige und leichte Musik wurde immerhin von Tschaikowsky derartig geschätzt, dass der russische Meister erklärte, Delibes sei ein besserer Komponist als Brahms.