Was für geheime Botschaften stecken in Tönen und Melodien, welche Gefühle, welche Sehnsüchte mögen sie wohl überliefern? Diesen Fragen spürt die Geigerin Lisa Batiashvili auf ihrem neuen Album “Secret Love Letters” nach, das am 19. August bei Deutsche Grammophon erscheint. Neben dem ersten Violinkonzert von Karol Szymanowski spielt die Künstlerin darauf außerdem stimmungsvolle Werke von Ernest Chausson, César Franck und Claude Debussy.
Besinnung auf die Spätromantik
Für Lisa Batiashvili ist die Musik, ebenso wie die Kunst und die Literatur, seit jeher das erstaunlichste Mittel für Künstler gewesen um geheime Botschaften mitzuteilen und über ihre verborgenen Lieben und unerzählten Geschichten zu sprechen. Was schließlich “wäre das menschliche Leben ohne diese Bandbreite an Emotionen und Gefühlen, die wir mit niemandem teilen können?”, so fragt die georgische Geigerin. Dabei böte gerade die Musik die Möglichkeit, Dinge, die man nicht in Worte fassen kann, auszudrücken. Für ihr Album “Secret Love Letters” hat sich die Künstlerin inspirieren lassen von Schlüsselwerken der spätromantischen Literatur und von den großen Virtuosen der Vergangenheit. Mit dem Philadelphia Orchestra und seinem Musikdirektor Yannick Nézet-Séguin, mit dem Batiashvili bereits mehrfach live aufgetreten ist, sowie mit dem jungen georgischen Pianisten Giorgi Gigashvili hat die Interpretin für ihre musikalische Reise kongeniale Partner gefunden.
Stimmungsvolles Repertoire
Es geht um nichts Geringeres als die Botschaft der Liebe in mannigfaltigen Varianten auf dem neuen Album von Lisa Batiashvili. Diese spiegelt sich in vier ebenso unterschiedlichen wie gleichermaßen berührenden Werken wieder. Im Zentrum von “Secret Love Letters” steht mit dem ersten Violinkonzert von Karol Szymanowski eine traumartige Meditation des polnischen Komponisten über die Bilder von Noc majowa (“Maiennacht”), einem Gedicht von Tadeusz Miciński, das den Ausgangspunkt für die Schaffung einer Partitur voller Leidenschaft und Sinnlichkeit bildet und vom Komponisten während des Ersten Weltkriegs in der Ukraine geschrieben und im November 1922 in Warschau uraufgeführt wurde. “Es ist ein Stück voller Liebe und Schmerz”, sagt Lisa Batiashvili über dieses einsätzige Stück, “ein Tanz zwischen Erotik und Mitgefühl, zwischen einer Traumwelt und der harten Realität.” Als stimmige Ergänzung zu diesem eindringlichen Werk erklingt Ernest Chaussons “Poème für Violine und Orchester”, das einst dem belgischen Geiger Eugène Ysaÿe gewidmet wurde. Ein Großteil der Atmosphäre dieses Stücks gehen auf eine Novelle des russischen Schriftstellers Iwan Turgenjew zurück, der in die berühmte Mezzosopranistin Pauline Viardot verliebt war und mit der Sängerin und ihrem Ehemann eine dauerhafte Ménage à trois einging. Neben Szymanowski und Chausson ist die erhabene “Sonate in A-Dur für Violine und Klavier” von César Franck zu erleben, die der Komponist Eugène Ysaÿe und seiner Braut Louise Bourdeau zur Hochzeit schenkte und bei der neben Batiashvili der junge Pianist Giorgi Gigashvili zu hören ist. Den Abschluss markiert das sehnsuchtsvolle Duostück “Beau soir” von Claude Debussy, das die Geigerin zusammen mit Yannick Nézet-Séguin am Klavier interpretiert.
Innige Gefühle in Töne übersetzt
"Wenn die Worte aufhören, beginnt die Musik“, sagte einst Heinrich Heine. Das neue Album “Secret Love Letters” von Lisa Bathiashvili zeigt einmal mehr eindrucksvoll und berührend auf, wie intensiv und kraftvoll Musik in der Lage ist, Emotionen und Botschaften jenseits der Sprache zu übermitteln. Dabei lässt die Geigerin in ihrem vielschichtigen und ausdrucksstarken Spiel ganz unterschiedliche Facetten der Liebe zum Tragen kommen, die sie mit warmen Grundton, faszinierender Technik und inniger Musikalität ausgestaltet. Im intensiven und dialoghaften Zusammenspiel mit ihren jeweiligen Partnern, mal dem Orchester, mal Giorgi Gigashvili, mal Yannick Nézet-Séguin am Klavier, beschwört die Künstlerin so die Kraft der Liebe und der Musik gleichermaßen.