Die niederländischen Pianisten
Arthur und Lucas Jussen haben ein Faible für bildhafte Musik verschiedener Epochen, wie sie mit ihrem aktuellen Album eindrucksvoll unter Beweis stellen.
Radio France hat den niederländischen Brüdern im letzten Jahr quasi einen Ritterschlag verliehen und ihre Aufnahme von Francis Poulencs Konzert für zwei Klaviere und Orchester zur besten Aufnahme erklärt, die jemals von diesem Werk gemacht worden ist. Zusätzlich zu der Freude über diesen verdienten Lobgesang, verlockt die physische Veröffentlichung des Albums auf dem deutschen Markt am 19. Januar dazu, neben Poulencs eindrucksvollem Konzert auch die Werke von Camille Saint-Saëns und Fazil Say einmal ausgiebig unter die Lupe zu nehmen, die die beiden Pianisten eingespielt haben.
Wirkungsvoller Tatendrang
Die Musik des zeitgenössischen Komponisten Fazil Say zu interpretieren, war für Arthur und Lucas Jussen eine langgehegter Wunsch und eine willkommene Herausforderung, der sie sich mit großer Spielfreude gestellt haben. Die Aufnahme der Auftragskomposition “Night”, um die die Pianisten Fazil Say eigens gebeten hatten, entwickelte sich unter den vier Händen der beiden Brüder zu einem spannungsgeladenen Erlebnis. Man kann spüren, wie die Musiker jede Note und jedes repetitive Element, das der türkischen Komponist in die Partitur geschrieben hat, intensiv erforschen, um in ihrer ersten ganz eigenen Interpretation des Werks sogleich eine tiefschürfende Annäherung zu vollziehen und in einem bislang unberührten musikalischen Raum ihre unverwechselbaren künstlerischen Spuren zu hinterlassen. Furchtlos, voller Energie, Rhythmusgefühl und mit sinnlicher Präzision präsentieren Arthur und Lucas in dem Stück knapp zehnminütigen Stück großen musikalischen Forschergeist und viel spielerische Leidenschaft.
In medias res
Die Auseinandersetzung der beiden Pianisten mit Francis Poulencs Konzert für zwei Klavier und Orchester akustisch mitzuerleben, ist ein sinnlicher Hochgenuss. Mit dem ersten ungestümen Schlag des Concertgebouw-Orchesters unter Leitung des französischen Dirigenten Stéphane Denève stürmen die beiden jungen Pianisten an den Tasten los, um sich musikalisch nach Herzenslust auszutoben. Die beiden spielen das Konzert bereits seit Teenagerzeiten, jede Note sitzt, die Harmonien grooven, die Läufe fliegen nur so dahin und die Akkorde sprühen Funken. Auch in den leisen Momenten entlocken die Brüder den Tasten sphärische Farbschattierungen und kreieren geheimnisvolle Stimmungen. Mit ihrer bildhaften Klanggestaltung sind Arthur und Lucas Jussen auch in der berühmten Suite “Der Karneval der Tiere” von Camille Saint-Saëns ganz in ihrem Element. Dass sich das Werk, das der Komponist 1886 für eine Handvoll Freunde komponiert hat, nicht nur zur Unterhaltung von Kindern bestens eignet, liegt auf der Hand – oder auf den Tasten. Unterstützt von großartigen Solisten des Concertgebouw-Orchesters bringen die beiden niederländischen Tastenlöwen viele Details der 14 tierischen kleinen Sätze zum Leuchten.
Mit dem Album bekommt man einen umfassenden Eindruck vom außergewöhnlichen Können des musikalischen Geschwister-Duos.