Luciano Pavarottis Stimme ist unsterblich. Das liegt nicht nur an ihrer unvergesslichen Einzigartigkeit, sondern auch daran, dass immer wieder rare Aufnahmen auftauchen, die ein weiteres Puzzlestück zur Dokumentation der außergewöhnlichen Gesangskarriere hinzufügen und den Pavarotti-Fans bislang unveröffentlichte Einblicke bescheren.
Die DVD, die zum 20-jährigen Jubiläum in bester Bild- und Tonqualität bei Decca erscheint, ist aus verschiedenen Gründen ein aufregendes musikalisches Fundstück. Bei dem Gala-Abend in der ausverkauften Royal Albert Hall präsentierte sich der 60-jährige Luciano Pavarotti 1995 in Anwesenheit von Prinzessin Diana mit berührender Stimmschönheit auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn.
Pures Vergnügen
Auch ohne Kostümierung schlüpft der Tenor auf der DVD bei dem Londoner Konzert in jeder Arie tief in seine Rolle und zeigt ganz verschiedene Gesichter, die zum Teil tiefe seelische Abgründe offenbaren. Als
Ruggero Leoncavallos glühend eifersüchtiger Bajazzo Canio, als
Verdis trauernder Macduff, als fieser Herzog von Mantua oder als düsterer Otello – Pavarottis Stimme klingt stets mühelos, auch wenn die Partien ihm einiges abverlangen und er bei diesem Konzertprogramm eine große stimmliche Vielseitigkeit unter Beweis stellen muss. Neben dem zarten lyrischen Schmelz, der ihn vom Beginn seiner Karriere an ausgezeichnet hat, stellt Pavarotti auf der DVD auch ein großes Maß an Dramatik unter Beweis. Egal in welchem Stimmfach – in der italienischen Oper ist Luciano Pavarotti einfach zuhause, das kann man sofort heraushören. “Recondita armonia”, die glühende Liebeserklärung aus
Giacomo Puccinis Oper “Tosca” singt vermutlich niemand so überirdisch schön und mit solch einer strahlenden Leichtigkeit in der Höhe, wie der Tenor aus Modena. Und als naiv und bis über beide Ohren verliebter Bauer Nemorino überzeugt Pavarotti an der Seite des amerikanischen Bariton
Dwayne Croft ebenso mit unprätentiöser Natürlichkeit. Die Gabe, jeden einzelnen Ton mit emotionaler Ausdruckskraft zu gestalten, beschert die ganz besonderen Gänsehautmomente, für die Pavarotti berühmt ist.
Klangvolles Doppelpack
Doch es sind vor allem die Duette aus der Feder von Puccini,
Donizetti und Verdi, die zu den Highlights dieser remasterten Neuerscheinung werden. Pavarotti stand an dem Konzertabend in der Royal Albert Hall nicht alleine auf der Bühne: Das Duett "Madre non dormi?” aus Verdis "Il Trovatore” interpretiert er gemeinsam mit der amerikanischen Mezzosopranistin
Dolora Zajick, die eine äußerst überzeugende Azucena abgibt. Die französische Koloratursopranistin
Natalie Dessay war 1995 erst halb so alt wie der damals 60-jährige Tenor und behauptet sich jedoch wunderbar zwischen den hochkarätigen Kollegen. Wenn sie gemeinsam mit dem Bariton Dwayne Croft “Doute de la Lumière” aus der Oper "Hamlet” von
Ambroise Thomas anstimmt, hat sie dabei eine anrührend unschuldige Attitüde. Pavarotti selbst verströmt im Duett "Parigi, o cara, noi lasceremo” aus Verdis "La Traviata” gemeinsam mit der italienischen Sopranistin
Nuccia Focile über zarte Streicherpizzicati hinweg eine betörende Sinnlichkeit. Überhaupt werden ganz ohne aufwendige Szenerie jede Menge Emotionen auf der Bühne eingefangen. Das Duett "Nedda! – Silvio, a quest’ora!” aus Leoncavallos erfolgreichster Oper "Pagliacci” sprüht vor Gefühl und wenn Nuccia Focile, Dwayne Croft,
Kallen Esperian und
Giuseppe Sabbatini schließlich gemeinsam mit dem Quartett "Dunque: è proprio finita!” aus dem dritten Akt von "La Bohème” über den Abschied sinnieren, dann wird einem auch selbst schwer ums Herz bei dem Gedanken, dass die DVD irgendwann ein Ende hat.