Kaum eine Veröffentlichung sorgte im Beethoven-Jahr 2020 für so viel Furore wie die große Beethoven-Gesamtedition der Deutschen Grammophon. Die Ausgabe löste sowohl beim Publikum als auch in der Kritik Wogen der Begeisterung aus. Als “Fundgrube” (SWR2), als “neuer Vergleichsmaßstab” (Limelight), ja als “Schatz fürs Leben” (The Sydney Morning Herald) wurde die Mammut-Ausgabe, die innerhalb eines Jahres vergriffen war, gepriesen. Damit bestätigte sich, was man auf Konzertveranstaltungen, in Sozialen Medien oder bei Streamingdiensten schon seit langem beobachten kann: Beethoven lebt. Sein Werk ist gefragt. Das Publikum verlangt danach.
Umso erfreulicher ist es, dass mit “Beethoven – The New Complete Essential Edition” jetzt eine Großedition in den Handel kommt, die ebenfalls das Gesamtschaffen des Wiener Klassikers würdigt und von der gefeierten Deluxe-Ausgabe nur partiell abweicht.
Essentials der Deluxe-Edition
Der musikalische Kernbestand bleibt in der neuen Gesamtedition, die statt 118 nunmehr 95 CDs umfasst, erhalten. Reduziert wurde vorrangig den Fachleuten und audiophil spezialisiertem Publikum geltendes Material, wie die drei Blu-ray Audio Discs, die historischen Aufnahmen und der umfangreiche textliche Apparat. Was bleibt ist das Gesamtwerk Beethovens in beispielloser Vollständigkeit inklusive von Raritäten und Fragmenten und das in Referenzaufnahmen von herausragenden Beethoven-Interpreten. Ein essentieller Beethoven.
Sämtliche Neu-Aufnahmen für die 2019er-Edition wurden in die neue Ausgabe übernommen, darunter Highlights der jüngeren Beethoven-Interpretation wie
Andris Nelsons’ klanglich fein austarierte Interpretation von Beethovens vorwärtsdrängender Sinfonie Nr. 7 in A-Dur mit den
Wiener Philharmonikern.
Ebenso kehren die reizvollen Raritäten der großen Deluxe-Edition in der neuen Ausgabe wieder, darunter Kostbarkeiten wie das in seiner minimalistischen Anlage visionäre Andante maestoso in C-Dur für Streichquintett (WoO 62), von Stargeiger
Daniel Hope mit
Ikki Opitz (Geige),
Amihai Grosz (Bratsche),
Tatjana Masurenko (Bratsche) und
Daniel Müller-Schott (Violoncello) atemberaubend feinfühlig vorgetragen.
Alles von Beethoven
Über 200 große Beethoven-Interpreten der Vergangenheit und Gegenwart säumen die Ausgabe, Koryphäen vom Schlage
Karl Böhms,
Carlos Kleibers, Anne-Sophie Mutters oder
Lang Langs. Zwei vollständige Sinfonien-Zyklen mit zehn Dirigenten und vier verschiedenen Orchestern laden zu reizvollen Vergleichen ein. Das Spektrum reicht von den soghaften Klangströmen der
Berliner Philharmoniker unter
Herbert von Karajan über den leidenschaftlich-impulsiven Zugriff der
Wiener Philharmoniker unter
Leonard Bernstein bis hin zu den diskreteren Darbietungen des
Los Angeles Philharmonic unter
Carlo Maria Giulini oder des
Gewandhausorchesters Leipzig unter
Riccardo Chailly. Auch die Klavierkonzerte, sowie ausgewählte Klaviersonaten und Streichquartette sind jeweils gleich doppelt vertreten, so dass die Edition zum aufschlussreichen Vergleichen verschiedener Interpretationen einlädt.
Was Gramophone-Redakteur Martin Cullingford über die Deluxe-Ausgabe schrieb, gilt ohne Einschränkung auch für die Essential-Edition: Sie “spiegelt die Spannbreite der Aufführungstraditionen” von Beethovens Musik. Deshalb gewinnt man mit ihr nicht nur einen glänzenden Einblick in Beethovens Gesamtwerk, sondern lernt auch die farbenreiche Aufnahmegeschichte seiner Musik kennen.