Johannes Brahms schätzte die beiden letzten Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart zuweilen bedeutungsvoller ein als die Spätwerke des Orchester-Titanen Beethoven. Und auch über Schuberts später Werke gibt es vergleichbare Mutmaßungen angesehener Spezialisten, dass die Stücke mindestens auf ähnlichem inhaltlichen Niveau rangieren wie die auf den Sockel gehobenen Monumenten des genialischen Vorbilds. Wie auch immer, Mozarts Sinfonien 40 und 41 gehören ebenso wie Schuberts Nr.8 und Nr.9 zu den zeitlosen Höhepunkte kompositorischer Kompetenz und haben daher ihre festen Plätze in der
Focus Edition Große Sinfonien, als Volume 7 und Volume 8 und mit Koryphäen wie Marc Minkowski und Giuseppe Sinopoli an den Pulten der Orchester.
Lange Zeit war nicht klar, warum Mozart seinen letzten drei Sinfonien 1788 schrieb. Es war untypisch für ihn, ohne konkreten Auftrag zu Werke zu gehen und darüber hinaus wären andere, etwa kammermusikalische Stücke wohlmöglich besser zu verkaufen gewesen. Auf der anderen Seite hatte sein Vorbild Joseph Haydn kurz zuvor seine “Pariser Symphonien” veröffentlicht, die wie Mozarts Stücke in C-Dur, g-moll und Es-Dur stehen. Jedenfalls entstanden sie im Zeitraum vom 26. Juni bis 10. August 1788 und gehören zu den ausgefeiltesten Kunstwerken, die der Komponist erschaffen hat. Die “Jupiter-Sinfonie” (KV 551) beispielsweise ist Mozarts letztes großes Orchesterwerk und durchaus ein Fazit seiner Klangerfahrungen.
Während der vorangegangenen Jahre hatte er sich ausführlich mit Musik von Johann Sebastian Bach und von dessen Sohn Johann Christian Bach beschäftigt. Er hatte mit fugalen und kontrapunktischen Gestaltungsformen experimentiert und sie im letzten Satz seine Sinfonie Nr. 41 in einer Perfektion verarbeitet, die bis heute staunen lässt. Denn wie im Verlauf des Finales fünf verschiedene Stimmen auf komplexe Weise zu einem Motivnetzwerk miteinander verbunden werden, gehört zum kunstvollsten, was die klassische Orchestermusik zu bieten hat. Kaum weniger raffiniert ist die Gestaltung der g-moll Symphonie (KV 550), deren extravagante Dramaturgie der Themen etwa im ersten Satz selbst für Mozart besonders gelungen scheint. So oder so ist die Version, die der französische Stardirigent und Barock-Spezialist Marc Minkowski mit seinem Ensemble Les Musiciens du Louvre aufgenommen hat von außergewöhnlicher Emotionalität bei gleichzeitig profunder Kontrolle der dramatischen Mittel bestimmt.
Dem Team gelingt in beiden Fällen wie auch in der dem “Idomeneo” entnommenen Ballettmusik das Kunststück, historisch korrekt zu erscheinen, ohne dass dadurch der Interpretation die Aktualität abhanden kommt. Die Aufnahmen vom Oktober 2005 sind daher prädestiniert, als besonders gelungene Beispiele für zeitgenössische Interpretation ihrem Platz in der Focus Edition Große Sinfonien zu bekommen, als Folge sieben von zehn im Reigen der orchestralen Meisterwerke.