Schon als Kind drückte sie ihre Gefühle am Klavier aus. Sie spürte bereits früh, dass es ihr Instrument ist. Ihre Hände schienen wie gemacht, um auf den schwarzen und weißen Tasten zu zaubern.
Lust der Entdeckung: Das Wunderkind
Das Klavier und die dreijährige
Martha Argerich gehen eine Beziehung ein. Das Verhältnis ist spielerisch, experimentell und von Neugierde getrieben. Martha lernt schnell. Ihre Auffassungsgabe ist enorm. Ihr Geschick lässt nichts zu wünschen übrig. Beinahe blind findet sie sich auf den Tasten zurecht und probiert vieles aus. Was klingt schön? Was klingt weniger schön? Was gefällt mir? Was spiele ich nicht so gerne? Es ist die Lust der Entdeckung, der Zauber des Anfangs, den sie sich durch ihre ganze Laufbahn hindurch bewahren wird.
Kaum jemand ahnt damals, wie furios die junge Argentinierin durchstarten wird. Dass sie zu einer der größten Pianistinnen des 20. Jahrhunderts werden könnte, ist nicht vorauszusehen. Ihre Ausnahmebegabung zeigt sich indes früh. Bereits als Siebenjährige debütiert sie. Es ist in Buenos Aires. Wir schreiben das Jahr 1949, und Martha gibt mit dem O
rquesta Sinfónica de Radio El Mjundo unter der Leitung von
Alberto Castellanos Beethovens erstes Klavierkonzert.
Steile Karriere: Weltruhm
Als Dreijährige hatte sie unter Anleitung des argentinisch-italienischen Pianisten Vicente Scaramuzza mit dem Klavierspiel begonnen, und nach nur wenigen Jahren beherrscht sie bereits Beethovens erstes Klavierkonzert, ein nicht eben einfaches Werk der romantischen Literatur. Spätestens jetzt ist klar: In dem Mädchen schlummert eine Meisterpianistin, die nach Entfaltung drängt. Die Bedingungen sind gut. Martha wird gefördert. Als die Familie in den 1950er Jahren nach Europa kommt, kann sie ihre musikalische Leidenschaft vertiefen.
Sie studiert bei
Friedrich Gulda in Wien, der sie an die poetischen Stimmungen des Klaviers heranführt. Im Jahre 1957 gewinnt sie den Ersten Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb
Ferruccio Busoni in Bozen. Mit Anfang 20 gerät sie in eine schwere Lebenskrise. Jahrelang zieht sie sich aus dem Konzertbetrieb zurück. Doch dann folgt der große Triumph: 1965 gewinnt sie den Ersten Preis beim
Internationalen Chopin-Wettbewerb von Warschau. Über Nacht ist die junge Frau, die jetzt Mitte 20 ist, weltberühmt.
Reiche Ernte: Meisteraufnahmen und Jubiläumseditionen
Ihr Siegeszug durch die Konzerthallen und Tonstudios ist nicht aufzuhalten. Ihre Konzerte geraten zu frenetisch gefeierten Auftritten, und mit ihren professionellen Aufnahmen romantischer und frühmoderner Klavierliteratur setzt sie Maßstäbe eigenwilliger Interpretationskunst. Martha Argerich wird nie eine Nachahmerin sein. Sie geht ihren eigenen Weg, und dass der oft qualvoll ist, weiß die große Pianistin nur zu gut. Doch ihre Leidensfähigkeit ist auch ein künstlerischer Trumpf.
Argerichs Tiefsinn bürgt für ihr hochemotionales Spiels, das jetzt in etlichen Jubiläumseditionen ausgiebig bewundert werden kann. Einen hervorragenden Überblick über ihr vielseitiges Schaffen bietet: “
Martha Argerich: The Complete Recordings on Deutsche Grammophon”. Die limitierte Edition versammelt alle Aufnahmen, die Martha Argerich für das Gelblabel und Philips getätigt hat, darunter auch jüngere Einspielungen mit
Daniel Barenboim und
Claudio Abbado.
Eine weitere wunderbare Geburtstagsgabe ist: “Martha Argerich – Early Recordings”. Wer die junge Pianistin leidenschaftlich wild Mozart, Beethoven, Prokofieff und Ravel spielen hören möchte, der greife auf diese Edition zurück. Von poetischer Hitze zeugen schließlich auch ihre bahnbrechenden Chopin-Interpretationen, die jetzt in einer mustergültigen Jubiläumsedition vorliegen: “Martha Argerich – The Complete Chopin-Recordings on Deutsche Grammophon”.
“Argerich bedeutet Feuer”, so das britische Musikmagazin Gramophone. Dem ist nichts hinzuzufügen.