Während des vergangenen Jahrzehnts hat der Salzburger Martin Grubinger etwas geschafft, was bis dahin als unmöglich galt. Der Perkussionist mit dem bubenhaften Charme, der Physis eines Olympia-Ringers und der Kondition eines Langstreckenläufers hat das Solo-Schlagzeug als Konzert-Instrument hoffähig gemacht. Das liegt nicht nur daran, dass er neben seiner rhythmischen Übersicht mit einer immensen Musikalität gesegnet ist, sondern sich auch als Botschafter für die Strahlkraft eines Instruments versteht, das bislang in seiner Vielfalt unterschätzt wurde. Grubinger will überzeugen, begeistern, will Wege weisen, Perspektiven eröffnen, und gibt sich daher für ein Programm wie „The Percussive Planet“ nicht mit vorhandenen Gewohnheiten zufrieden. „Als wir im Jahr 2006 im Auftrag des Bonner Beethovenfestes an die Entwicklung einer neuen Programmidee gingen“, meint der Querdenker im Booklet zur DVD-Aufnahme „The Percussive Planet“, „wollten wir etwas kreieren, dass das Schlagzeug in seiner Einzigartigkeit und Vielseitigkeit darstellt. Als ein Instrument, das in so vielen Musikstilen, Musiktraditionen und Kulturen eine wichtige und unabkömmliche Rolle spielt, das von zeitgenössischer Musik über afrokubanische Musik bis hin zu Salsa, Tango, Taiko-Drumming, Fusion, Pop und Rock so viele Menschen in seinen Bann zieht“.
Für Martin Grubinger bedeutet das aber, dass er nicht nur nach den eindrucksvollsten und ausdrucksstärksten Kompositionen sucht, sondern dass er sie auch für sein Perkussionensemble bearbeitet. Es ging ihm um „ein Programm, das die Grenzen des Machbaren auslotet, das das Konzert in seiner Form für uns und unser Publikum einzigartig macht und das allen in einem vierstündigen Konzertmarathon ein ganz besonderes musikalisches Abenteuer beschert.“ Iannis Xenakis beispielsweise, einer der führenden Komponisten für Percussion, hatte sein „Okho“ ursprünglich für drei afrikanische Djemben geschrieben. Grubinger entwickelte daraus eine mitreißende Fassung für drei Schlagzeuge. Die Hommage des Würzburger Komponisten Matthias Schmidt an die Vielfalt der afrikanischen Rhythmuswelt „Ghanaia II“ wird von einem Solo-Stück für Marimba zum Feuerwerk der afrikanischen Instrumente, und Rod Lincolns Schlagzeug-Solo „Moods For Interaction“ entfaltet in einer Version für großes Blechbläserensemble, Klavier und fünf Perkussionisten eine völlig neue Klangdimension.
Ein wichtiges Zentrum von „The Percussive Planet“ bildet außerdem das Concertino „The Wave“ von der japanischen Marimba-Spezialistin Keiko Abe, das von fünf Perkussionisten in hochkomplexer, rasanter Schichtung entwickelt wird. Und schließlich lässt Grubinger es mit der Komposition „Planet Rudiment II“ auch einfach einmal laufen, so sehr, bis sich in der Mischung aus Virtuosität und Intensität ein Gefühl der Hörekstase einstellt. So ein Programm zu sehen und nicht nur zu hören, ist ein ganz besonderes Erlebnis, vielleicht sogar eines, das manch einem den Blick auf die Musik aus neuer Perspektive schärft. Martin Grubinger selbst jedenfalls ist überzeugt: „The Percussive Planet ist die Königin unserer Konzertprogramme“. Und dass hier alle Beteiligten ihr Bestes geben, merkt man schon nach den ersten, umwerfenden Minuten des Programms.