Der Starcellist Mischa Maisky veröffentlicht erstmals ein Album mit ausschließlich zeitgenössischem Repertoire, das durch seine harmonische und eingängige Klangsprache einen ganz besonderen Zugang zu dieser Epoche erlaubt. Begleiten lässt er sich dabei von seiner Tochter, der Klaviervirtuosin Lily Maisky.
Bunte Mannigfaltigkeit des Repertoires
Überblickt man das bisherige Schaffen des großen Cellisten, so bemerkt man einen deutlichen Schwerpunkt auf romantischem Repertoire. Daneben finden sich Alben mit Bachs berühmten Solo-Suiten oder mit Cello-Konzerten von Vivaldi oder Haydn. Aber eine Veröffentlichung, die sich ausschließlich der Avantgarde des 20. Jahrhunderts oder Komponisten der Gegenwart widmet? Fehlanzeige!
Auf seinem neuen Doppelalbum, das er gemeinsam mit seiner Tochter, der Klaviervirtuosin Lily Maisky, aufgenommen hat, widmet er sich nun dieser Herausforderung. Das Album versammelt Klassiker des 20. Jahrhunderts von Benjamin Britten, Heitor Villa-Lobos, Ernest Bloch, Béla Bartók, Igor Strawinsky, Sergei Prokofjew, Dmitri Schostakowitsch, Astor Piazzolla, Anton Webern und Olivier Messiaen, darunter sowohl für Cello verfasste als auch für das Streichinstrument arrangierte Werke. Hinzu kommt eine ganz besondere Komposition: die Weltersteinspielung des Mischa Maisky gewidmeten Konzerts für Cello und Orchester von Benjamin Yusupov.
Der Reiz des Albums besteht in der bunten Mannigfaltigkeit des Repertoires. Von Werken wie Benjamin Brittens hochspannender Sonate für Cello und Klavier in C-Dur über Astor Piazzollas ebenso innigen wie melancholischen “Grand Tango” bis hin zu Messiaens hochverletzlichem Ton in den beiden lyrischen Duo-Sätzen seines “Quartetts für das Ende der Zeit” ist es ein langer Weg. Mischa und Lily Maisky machen ihn mit ihrem ebenso einfühlsamen wie virtuosen Spiel zu einer kurzweiligen Abenteuerreise.
Virtuosität und Tiefsinn
Als Highlights des Albums dürfen die erste der acht “Bachianas Brasileiras” von Heitor Villa-Lobos und Benjamin Yusupovs Cello-Konzert gelten. Villa-Lobos ist in seiner Komposition das Wagnis eingegangen, Verbindungslinien zwischen der Folklore seiner brasilianischen Heimat und der kontrapunktischen Strenge Johann Sebastian Bachs zu ziehen. Die eingängige Melodik des ersten Teils seiner acht “Bachianas Brasileiras” entfaltet durch die harmonisch gekonnte Gestaltung des Komponisten eine überwältigende Wirkung. Das ist selbstredend auch dem farbenreichen Spiel Mischa Maiskys geschuldet, der im Multi-Track-Verfahren alle acht Stimmen des Cellos selbst aufgenommen hat.
Das Cello-Konzert von Benjamin Yusupov ist von ebenso verletzlich-tastender wie schneidender und explosiver Art. Die Aufnahme mit dem Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung des Komponisten ähnelt einem Balanceakt, der höchst unterschiedliche Kräfte auszugleichen sucht. Mischa Maisky lässt sich auf das musikalische Abenteuer mit der ganzen Macht seiner poetischen und virtuosen Fähigkeiten ein. Großartig!