Nik Bärtsch | News | Jahresrückblick 2008

Jahresrückblick 2008

Till Brönner (SW)
17.12.2008
2008 stand deutlich im Zeichen des 50jährigen Jubliäums der Bossas Nova. Das ganze Jahr hindurch wurde man von brasilianischen Klängen begleitet. Zu den Universal-Künstlern, die dieses Jubiläum mit einem eigenen “brasilianischen” Album feierten, gehörten unter anderem Sérgio Mendes (“Encanto”), Karrin Allyson (“Imagina: The Songs Of Brasil”), Carly Simon (“This Kind Of Love”) und Till Brönner (“Rio”). Der Berliner DJ und Produzent Daniel Haaksman initiierte außerdem das ambitionierte Projekt “Bossa Do Morro” und ließ für die gleichnamige CD DJs, Remixer und Produzenten der zeitgenössischen Baile-Funk-Szene Rios eine Reihe von Bossa-Evergreens für den Dancefloor überarbeiten. Und natürlich gab es – wie bei solchen Jubiläen üblich – auch eine Flut von Wiederveröffentlichungen und neuen Compilations mit den zahllosen Klassikern des Genres. Doch das Musikjahr 2008 bot freilich weit mehr als nur Bossa Nova und verwandte brasilianische Klänge. Wie jedes Jahr lassen wir an dieser Stelle noch einmal ein paar Highlights aus der Vielzahl der Veröffentlichungen von Universal Music Jazz Revue passieren und die deutschsprachigen Kritiker zu Wort kommen.

The Puppini Sisters – The Rise & Fall Of Ruby Woo

Gleich zu Beginn des Jahres bewiesen die Puppini Sisters mit ihrem zweiten Album “The Rise & Fall Of Ruby Woo”, daß sie sich nicht nur darauf verstehen, Klassiker des Jazz und der modernen Popmusik mit viel Swing-Feeling, Charme und Witz neu zu interpretieren, sondern auch eigene Songs von vergleichbarer Qualität schreiben können. Im Frauenmagazin Brigitte hieß es über das Album: “Zugegebenermaßen, das Debütalbum der Londoner Puppini Sisters im vergangenen Jahr fand ich nicht unbedingt aufsehenerregend: Moderne Popsongs im Swing-Gewand dargeboten, ein bißchen im Andrew-Sisters-Style – nicht sehr innovativ das alles. Anders verhält es sich nun mit dem zweiten Album der drei Britinnen mit der großen Liebe zum Sound der vierziger Jahre: ‘The Rise & Fall Of Ruby Woo’ wirkt sehr viel durchdachter und überzeugt entsprechend mehr. Es gibt auch hier noch Cover-Versionen in Swing, allerdings sind deren Auswahl und Arrangements viel überzeugender als beim Erstling (z.B. ‘Spooky’ von Dusty Springfield, ‘It Don’t Mean A Thing’ von Duke Ellington, ‘Could It Be Magic’ von Barry Manilow). Diesmal gibt es aber auch einige Eigenkompositionen von Marcella Puppini, Kate Mullins und Stephanie O’Brien, die sich zwischen den Klassikern und Neuarrangements nicht zu verstecken brauchen. Der Harmoniegesang der drei Damen ist das stilprägende Element im Swing der Puppini Sisters, aber auch die Band darf sich verspielt austoben. Vor allem aber zeigt ‘The Rise & Fall Of Ruby Woo’ sehr deutlich: Die Puppini Sisters meinen das ernst, was sie tun. Und so macht es dann auch richtig Spaß.” Daß die Puppini Sisters es nicht allen Recht machen konnten, zeigte die Kritik des Männermagazins fhm (For Him Magazine): “In der Vergangenheit zu leben ist eigentlich nicht ratsam. Es sei denn, man sieht auch ausgezogen in einem Schampusglas gut aus und heißt Dita von Teese. Allen anderen Damen geben wir einen Rat mit auf den Weg: Nicht nachmachen! Die Puppini Sisters halten sich nicht daran und wärmen Lieder im Retro-Swing-Sound auf, die schon im Original unerträglich waren.”  Ein wirklich “fachkundiges” Urteil, das nur eine Frage offen läßt: Wie gut sieht wohl der fhm-Kritiker, der sich hinter dem Kürzel CH versteckt, ausgezogen in einem Schampusglas aus? Fotobeweise nimmt die JazzEcho-Redaktion mit Freuden entgegen. Antje Rößler von der Jazzzeitung sah das Album wiederum differenzierter: “Die drei Damen aus England bilden ein Gesangstrio, dessen Stil sie selbst als ‘Vintage-Swing-Pop’ bezeichnen. Sie lassen die Welt des Swing auferstehen, indem sie den Hits der 1940er Jahre eine frische Politur verpassen. Dieses Rezept verhalf schon dem Debüt ‘Betcha Bottom Dollar’ zum Erfolg. Der Nachfolger ‘The Rise & Fall Of Ruby Woo’ ist demgegenüber eigenständiger und vielfältiger.

Neben den bewährten Original-Arrangements aus der Swing-Ära bringen die Puppini Sisters Eigenkompositionen und Pop-Remakes zu Gehör. Berührend ist die Cover-Version des Barry-Manilow-Songs ‘Could It Be Magic’ mit ihrer schlichten Streicherbegleitung. Der Bangles-Hit ‘Walk Like An Egyptian’ wird in einen groovigen Shuffle mit Jodel-Einlage verwandelt. Und Dusty Springfields ‘Spooky’ ist nach der Puppini-Umgestaltung ein energiegeladener Drum’n’Bass-Song. Diese Stücke gewinnen durch die geistreichen und witzigen Arrangements eine ganz neue Dimension. Die Eigenkompositionen der drei Absolventinnen des Londoner Trinity College of Music passen gut in dieses Umfeld: Etwa ‘It’s Not Over’ mit seinen charmant federnden Synkopen oder ‘Soho Nights’, das an die lateinamerikanische Tanzmusik der 1940er Jahre erinnert. Bei aller Vielfalt – eine Einheit bildet das Album durch den wasserdichten Harmoniegesang, der inzwischen zum Markenzeichen der Puppini Sisters geworden ist.”

Lizz Wright – The Orchard

Es mag paradox klingen, aber mit ihrem dritten Soloalbum “The Orchard” schaffte es Lizz Wright wohl endgültig sich in der Jazzszene als feste Größe zu etablieren und zugleich die Fesseln des Jazz elegant abzustreifen. Wenn es derzeit eine junge Jazzsängerin gibt, die das Zeug dazu hat, in die Fußstapfen von progressiven und Jazzprotagonistinnen wie Nina Simone, Abbey Lincoln und Cassandra Wilson zu schlüpfen, dann ist es diese Sängerin und Songschreiberin aus Georgia, die in wenigen Wochen ihren 29. Geburstag feiern wird. Zu den bekennenden Fans von Lizz Wright gehört der bekannte österreichische DJ und Jazzkritiker Samir Köck, der in der Wiener Zeitung Die Presse von “The Orchard” schwärmte: “Aus den Holzkirchen Georgias hob ihre majestätische Kontraaltstimme 2003 ins Firmament des Musikbiz ab. Lizz Wrights Vorbilder sind die große Abbey Lincoln und die mental verschattete Nina Simone, weil sie den Kirchenton der Südstaaten international bekannt machte. Daß Wright bei einem Billie-Holiday-Tribute entdeckt wurde, paßt ins Bild. Produziert hat ‘The Orchard’ abermals der wunderbare Craig Street. Aus diesem Grund herrscht trotz Staraufgebots von Dylan-Pedal-Steel-Mann Larry Campbell bis zu den Calexicos John Convertino und Joey Burns arrangementmäßig duftende Luftigkeit vor. Mittlerweile verfügt sie über einen derartig wiedererkennbaren Sound, daß es egal ist, ob sie sich an Fremdkompositionen wie etwa Ike & Tina Turners ‘I Idolize You’ gütlich tut oder ihre eigenen Lieder interpretiert.” Überaus positiv auch das Urteil des MDR-FIGARO-Musikredakteurs Stefan Maelck: “Lizz Wright ist eine Südstaatenmusikerin allererster Güte. Bislang wurde sie in der Popwelt noch nicht angemessen gewürdigt. Das könnte sich jetzt aber ändern. Die neuen Frauenstimmen im Musikgeschäft sind seit einigen Jahren unüberhörbar. Ob Norah Jones oder Katie Melua, die ‘Fräuleinwunder’ machen gefällige Kaffeehaus-Musik – böse Zungen sagen sogar ‘Kaffeekranz-Musik’. Hauptsache alles ist schön glatt und wirkungsvoll produziert, angenehm in Szene gesetzt und die Sängerin überzeugt mit symmetrischen Gesichtszügen. Sängerinnen, die sich nicht so gut unter der Stehlampe inszenieren können, haben es da mitunter etwas schwerer. Aber Qualität setzt sich letztlich durch. Ein Beispiel dafür ist die Sängerin Lizz Wright aus Georgia mit ihrer aktuellen CD ‘The Orchard’. Schon ihre ersten beiden Alben erregten Aufsehen, waren aber noch etwas zu kalkuliert, zu glatt produziert, wagten – wenn auch auf höchstem stimmlichen – Niveau nur sehr wenig. ‘The Orchard’ ist allerdings ein Quantensprung, ein Meisterwerk einer erst 27jährigen Musikerin. Das Album ist auch so lebendig, weil es ein Südstaatenalbum ist. Produziert wurde es von Craig Street, der schon das Vorgängeralbum ‘Dreaming Wide Awake’ der im tiefen Süden Georgias geborenen Sängerin betreute. Man kann den Süden verlassen, aber abstreifen kann man den Süden niemals, sagt man in den USA. Lizz Wright ist ein Beispiel für dieses positive Südstaaten-Flair. Mit ihrer neuen CD ist sie auf dem Weg in die oberste Liga der Musikerinnen – gerade weil ihr ein eigenwilliges Album gelungen ist.”

Nik Bärtsch’s Ronin – Holon

Als “Zen-Funk” oder “rituale Groove-Musik” bezeichnet der Schweizer Pianist Nik Bärtsch die Musik, die er mit seiner Band Ronin spielt. Mit seinem ECM-Debütalbum “Shoa” ließ Bärtsch die Improvisationsszene erstmals aufhorchen. Den Überraschungserfolg konsolidierte er dieses Jahr mit dem Nachfolger “Holon”. “Nik Bärtschs Ronin bewegt sich mit seiner Musik kontinuierlich zwischen Jazz, klassischer Minimal Music und Funk”, schrieb Matthias Schmidt in der Hannoverschen Allgemeinen. “‘Holon’, das neue Album des Schweizer Quintetts, ist eine konsequente Weiterentwicklung des Musikkonzepts. Der von Bärtsch selbst geprägt Terminus ‘Zen-Funk’ trägt die Einheit von Ekstase und Askese in sich: Die Struktur verlangt höchste rhythmische Disziplin, innerhalb derer aber durchaus musikalische Freiheiten für die Spieler liegen. … Diese Musik muß man einfach hören. Konzentriert und laut. Dann zucken nicht nur die Synapsen, sondern auch die Füße.” Im Rheinischen Merkur meinte Alexander Kluy: “Geradezu mathematisch kämen die Kompositionen des Schweizers daher, wären sie nicht zugleich sinnlich geerdet durch ihr rhythmisches Pulsieren, das an die subtile Minimal Music eines Steve Reich oder die luminiszierend trägflüssigen Stücke eines Philip Glass gemahnt, und durch die funkigen Jazzrockelemente. Wie stets tragen die einzelnen Stücke keinen Titel, sondern heißen ‘Module’ und sind durchnummeriert. Auch das zeugt von Bärtschs Willen zum ausgetüftelten, bis ins Kleinste kontrollierten Moment, bei dem aber, so paradox dies klingen mag, die Lebendigkeit, die Improvisation prächtig zum Zuge kommt.” Und in Spex merkte Michael Engebrecht an: “In einer derart reduzierten Klangsprache bietet sich dem Komponisten als Kontrollfreak allerlei Tüftelei… Es ist die schöne Paradoxie dieser Musik, daß das Detailbesessene so viele Freiräume freilegt. ‘Holon’ ist aber auch deshalb ein beeindruckendes Werk, weil Luftigkeit und Leichtigkeit feine Gegengewichte bilden zum hochkonzentrierten Puzzle der Module. Viele Hörer werden verblüfft sein, wie beschwingt sie durch eine Musik rauschen, die bei aller Striktheit der Direktiven eine fortlaufende Entfesselung der Töne betreibt!”

Melody Gardot – Worrisome Heart

Geradezu hymnische Rezensionen erntete die 23jährige Sängerin und Songschreiberin Melody Gardot für ihr erstes Album “Worrisome Heart”, auf dem sie nonchalant zwischen den Polen Jazz, Blues, Folk und Pop balanciert. “Für ein Debütalbum klingt ‘Worrisome Heart’ bisweilen unglaublich ausgereift, gelassen, fast abgeklärt”, meinte Michael Frost auf www.cd-kritik.de. “Normalerweise würde man erwarten, daß eine gewisse künstlerische und Lebenserfahrung vorliegen muß, um so entspannt und souverän zu Werke gehen zu können. Doch Melody Gardot ist gerade erst 22, und für ihre famose Mixtour aus Barjazz, Folk und Blues folglich ein wenig frühreif. Und doch: Allein die Tatsache, daß ihr Album so wunderbar leise, melancholisch und bar jeder Effekthascherei ist, verbietet Attribute wie ‘sensationell’ oder ‘spektakulär’. Die Songs, die sie auf ‘Worrisome Heart’ versammelt, sind eine Wohltat inmitten einer hektischen, manchmal unüberschaubaren Gegenwart, denn Melody Gardot gelingt es, für den Moment eines Albums die Zeit anzuhalten. Sie braucht dafür kein großes Orchester, keine leinwandbreiten Arrangements, sondern nur die Atmosphäre eines abgedunkelten Clubs, eine Handvoll versierter Jazz- und Bluesmusiker und ein Mikrofon. Ihre Stimme, die intime Atmosphäre, die klaren Strukturen ihrer Songs – all das erinnert an Madeleine Peyroux, ihre leider viel zu selten zu linehörende Blues-Kollegin, und doch entwickelt Melody Gardot vom ersten Moment an ein eigenes Profil. Schon nach dem kurzen Piano-Intro des Openers und Titelstücks ‘Worrisome Heart’, wenn sie mit ruhiger, warmer Stimme einsetzt, während im Hintergrund eine einsame Cool-Jazz-Trompete die Gesangsmelodie variiert, horcht man auf und bleibt auch bei den folgenden Songs gleichzeitig hellwach und doch in der Musik versunken; ganz gleich, ob sie leisen Swing (‘All That I Need Is Love’), melodiöse Folkballaden (‘Gone’) oder tiefgründigen Blues (‘Some lessons’) intoniert.” Die Tatsache, daß Gardot in ihrem jungen Alter schon ein eigenes Profil besitzt, strich auch der Rezesent auf www.laut.de heraus: “Bereits mit ihrem Debüt ‘Worrisome Heart’ schafft es die Künstlerin, den Eindruck eines prägenden Originals zu hinterlassen, hinter dem manch gestandener Name nahezu als Epigone zurückfällt. […] Die künstlerische Reife und persönliche Klasse Melody Gardots nötigt nicht nur tiefen Respekt ab, sondern raubt beim Hören oft genug einfach schlichtweg den Atem. Die inspirierte, vielschichtig angelegte Begleitung ihrer Mitmusiker trägt ihr Übriges hinzu. Ob Trompete, Baß, ein streichelnder Besen über dem Schlagzeug – jedes Arrangement auf ‘Worrisome Heart’ lädt ein zur Entdeckungsreise, und mit jedem Hören erschließen sich immer neue Details. Faszinierend auf gesamter Albenlänge: Melodys stimmliche Präsenz. Sie steckt voller Leidenschaft und Intensität, gänzlich fern der Klischees einer verrucht-verrauchten Blues-Vettel. Beeindruckend, wie viel Schattierungen sie aus den einzelnen Gesangsparts heraus arbeitet und mit intimer Fragilität gänsehauterregende Atmosphäre erschafft. Trotz makelloser Intonierung steht sie fernab jeglicher Sterilität und Kühle und beeindruckt mit zarten, wie hingetuscht wirkenden Stimmungs-Skizzen.”

Sérgio Mendes – Encanto

Rechtzeitig zum 50jährigen Jubiläum der Bossa Nova brachte mit Sérgio Mendes auch einer der brasilianischen Musiker, die diesen Stil in den 60er Jahren entscheidend popularisiert hatten, wieder ein neues Album heraus. Doch auf “Encanto” schwelgte der Pianist nicht etwa in nostalgischen Erinnerungen, sondern versuchte vielmehr einen Brückenschlag zwischen klassischer Bossa Nova und zeitgenössischer Pop- und Tanzmusik. Die Redakteure der hr3-Radiosendung “Madhouse” kürten “Encanto” zum Album der Woche: “Was der Santana kann, kann der Sérgio schon lange: Nach seinem Mega-Erfolg mit den Black Eyed Peas vor ein paar Jahren hat sich Sérgio Mendes auch für ‘Encanto’ wieder Unterstützung von namhaften Künstlern geholt. Fergie ist dabei, Jovanotti, Zap Mama, Will.I.Am und viele mehr. Und das funktioniert so gut, daß wir nicht drum rum kommen ‘Encanto’ zu unserem 16. ‘Album der Woche’ im Jahr 2008 zu ernennen. […] Anno 2006 hat der heute 67jährige eine erstaunliche Renaissance erlebt, als er sich mit Will.I.Am von den Black Eyed Peas zusammen wieder auf die Tanzflächen getraut hat. Ihre Neubearbeitung des Klassikers ‘Mas que nada’ – ein Spiel mit Latinrhythmen, HipHop-Elementen und jeder Menge Soul – war eine der inoffiziellen Hymnen des WM-Sommers, und das dazugehörige Album ‘Timeless’ (u.a. mit India.arie, Erykah Badu, Stevie Wonder) zeigte, daß Mendes' Brasil-Sound genau das ist: zeitlos. Der würdige Nachfolger heißt ‘Encanto’. Was das bedeutet? Mendes erklärt: ‘Encanto steht für Charme, Verzauberung. Es gibt auch den Ausdruck ‘encantado’, wenn man von etwas verzaubert ist. Aber ‘encanto’ ist mehr… Verzauberung.’ Dabei hat es im Studio reichlich gefunkt. Wieder war Black-Eyed-Peas-Mastermind Will.I.Am an Bord, diesmal aber nur für drei Songs. Den Rest hat Mendes mit Original-Weggefährten der Bossa- und Tropicália-Welle im brasilianischen Bahia aufgenommen und produziert. Ein Fest aus treibenden Latinbeats, tiefschwarzem Soul und pumpenden Bässen – und was auch immer hier quietscht, wummert und in die Beine geht, sind gestandene brasilianische Instrumente, live eingespielt oder von Meister-Sampler Mendes mit modernster Technik eingearbeitet: die dicke Rahmentrommel (Pandeiro) und die fiepsige Reibetrommel (Cuíca) zum Beispiel. Als GastmusikerInnen hört man unter anderem Fergie (The Black Eyed Peas) auf der aktuellen Single ‘The Look Of Love’, Juanes, Jovanotti, Ledisi und den deutschen Trompeter Till Brönner. Wir räkeln uns im hr3 Madhouse mit dieser CD schon mal dem ersten Sommer-Hoch entgegen!” Auf www.derwesten.de konnte man lesen: “Acht Jahre hatte der brasilianische Jazzmusiker, Pianist und Arrangeur Sérgio Mendes kein neues Album mehr aufgenommen, als ihm mit ‘Timeless’ vor zwei Jahren ein glänzendes Comeback gelang. Darauf mischte er Hip-Hop mit Bossa Nova, Altes mit Neuem. Als ‘Gäste’ waren Erykah Badu, Jill Scott, John Legend und Stevie Wonder zu hören. Produziert wurde die Platte von Rapper will.i.am von den Black Eyed Peas, mit dem zusammen auch Mendes' neues Werk ‘Encanto’ entstand. Natürlich ist auch ‘Encanto’ fest in der brasilianischen Heimat des Musikers verankert: ‘Meine primäre Motivation ist es, schöne Songs aufzunehmen. Und dabei die Vielfalt der brasilianischen Musik – sowohl, was den Rhythmus, als auch die Melodien angeht – mit dem Rest der Welt zu teilen’, sagt er. Und der Rest der Welt gab sich gleich ein Stelldichein auf ‘Encanto’, das ein internationales Album geworden ist. Auf ‘Lugar comum’ rappt der Italiener Jovanotti, der kolumbianische Superstar Juanes läßt seine warme Stimme auf ‘Y vamos ya (…Let’s Go)’ erklingen. Die Stimmakrobaten Zap Mama aus Belgien verfeinern ‘Waters Of March (Les eaux de mars)’ und Till Brönners sanftes Trompetenspiel harmoniert perfekt mit Natalie Cole bei ‘Somewhere In The Hills’.”

Roy Hargrove – Earfood

Nachdem er sich in den letzten Jahren intensiv und experimentell mit der Verquickung von Elementen des Jazz, NuSoul und HipHop auseinandergestzt hatte, kehrte der Trompeter Roy Hargrove mit seinem Album “Earfood” endlich wieder zu seinen eigentlichen Wurzeln im Jazz zurück. Im Rondo-Magazin schrieb Josef Engels über dieses Album: “Beim letzten Mal gab es den Hargrove glatt im Doppelpack. 2006 nämlich veröffentlichte der Trompeter gleich zwei Alben auf einen Schlag. Zum einen eine neue Aufnahme seines Soul-Funk-Hip-Hop-Projekts RH Factor, zum anderen das Straight-Ahead-Werk ‘Nothing Serious". Diesmal macht es sich der 38jährige aus Waco/Texas etwas einfacher. Die Quintetteinspielung ‘Earfood’ nämlich kombiniert in gewisser Weise das Angenehmste aus beiden Welten: den Groove und die Jazztradition, den Spaß an Melodien zum Mitsingen und den Ernst der Improvisation im Geiste der Väter. Da reicht eine CD. Wie die klingt? Sehr, sehr vertraut. Und zwar wie Blue-Note-Scheiben aus den goldenen Zeiten des Hardbop, nach Horace Silver, Lee Morgan, Herbie Hancock, Freddie Hubbard. Mit Cedar Waltons ehedem für Art Blakeys Jazz Messengers geschriebenem ‘I’m Not Sure’ wird gleich zu Beginn klar die Richtung vorgegeben: Souljazz mit Schmackes, Gospelmessen-Feeling und feinen Solistenleistungen (neben dem – wie gehabt – nicht zu beanstandenden Hargrove läßt auf ‘Earfood’ Altsaxophonist Justin Robinson konsequent aufhorchen). Wenn elf Nummern später eine nostalgische Nachempfindung von Sam Cookes 1962er Hit ‘Bring It On Home To Me’ das Album beschließt, hat man in der Zwischenzeit echt viel Spaß gehabt. Und mit ‘Strausberg’ wahrscheinlich den Ohrwurm des Jazzsommers 08 gehört.” – “Er gehört zu jenem Zweig der Jazzer, die man auch dann noch als jung und wild betrachtet, wenn sie dies in Wahrheit gar nicht mehr sind”, hieß es wiederum in der Schweizer Zeitung Der Bund. “Der 39jährige Trompeter Roy Hargrove hat mit seiner fantastischen Band The RH Factor dem ungezügelten Funk-Jazz gefrönt, mit der Latin-Combo Crisol einen Grammy abgeräumt, er hat mit seiner einstigen Schulfreundin Erykah Badu den Soul aufgemischt und gilt in seinem Spiel auch sonst als einer, dem das Naheliegende fern ist. Doch auf seiner neuesten Einspielung ‘Earfood’ frönt Roy Hargrove im Quintett dem guten alten Jazz-Handwerk. Da finden sich gestandene Standards und gedrosselte Balladen, die Extravaganzen bleiben im Trompetenkoffer, und doch ist ‘Earfood’ ein extraordinäres Werk geworden. Hardbop ohne Firlefanz, einzig die vornehme Zurückhaltung, was Hargroves Soli-Kadenz betrifft, will so gar nicht zum einstigen Exzentriker passen. Sie könnte aber auch mit der Qualität seiner Mitmusiker zu erklären sein. Mit Justin Robinson (Alto Sax), Gerald Clayton (Piano), Danton Boller (Bass) und Montez Coleman (Schlagzeug) hat er eine Mannschaft um sich geschart, die den etwas allzu vorzeitig aufgetretenen Erwachsenen-Jazz-Anflug ihres Meisters live in den Wind schlagen werden.”

Till Brönner – Rio

Auf einer Erfolgswelle sondergleichen surft derzeit Deutschlands Vorzeigejazzer Till Brönner. Mit seinem im September veröffentlichten Brasil-Album “Rio” gelang dem singenden Trompeter das einzigartige Kunststück, sich in den Top 10 der deutschen Popalbum-Charts zu plazieren. Momentan führt er mit “Rio” auch die deutschen Jazzcharts an, während sein im letzten Jahr erschienenes Weihnachtsalbum “The Christmas Album” auf Platz 11 wieder in diese Charts eingestiegen ist. “Mit prominenter Unterstützung und seinen bekannten musikalischen Fähigkeiten spürt der deutsche Trompeten-Topstar Till Brönner dem Flair von ‘Rio’ nach – und betört mit piekfeinem Bossa-Nova-Jazz “, urteilte Werner Stiefele in Audio. “Trompeter Till Brönner ist auf dem besten Weg, ein gefragter Produzent zu werden. Für ‘Rio’ verpflichtete er jedoch Starproducer Larry Klein. Hinzu kamen Stimmen wie Annie Lennox, Milton Nascimento, Melody Gardot und Kurt Elling, sodaß sich Brönner auf wohlgesetzte Trompeten- und Gesangs-Parts konzentrieren konnte. Die beschwingten Bossas orientieren sich an historischen Vorbildern. Sie bieten wenig Originäres, sind aber bis in feinste musikalische und studiotechnische Nuancen perfekt geraten.” In Rondo verglich Thomas Fitterling Brönners “brasilianische” Einspielung gar mit den legendären Bossa-Aufnahmen von Stan Getz: “Vor wenigen Jahren noch war Till Brönner ‘der junge Ausnahmetrompeter aus Deutschland’. Inzwischen ist er nichts weniger als ein Held, ein ‘Prince Charming’ seines Instruments. Zu verdanken hat er diesen Erfolgsschub seinem Produzenten Larry Klein, der schon Joni Mitchell und Leonard Cohen betreute. Aus Brönners Verehrung für Chet Baker, den tragischen, suchtgeplagten Cool-Jazz-Trompetenhero, hat Larry Klein für seinen Schützling die Rolle eines quasi zum perfekten Schwiegersohn mutierten Chet entwickelt, eine Rolle in der Till Brönner ganz natürlich aufgeht. Wer zu dem Easy-Listening-Ansatz zunächst auf Distanz ging, wird sich jetzt von dieser neuen CD begeistern lassen. Till Brönner ist mit ‘Rio’ etwas gelungen, bei dem sich Miles Davis und Gil Evans einst blutige Lippen holten. Auf Brönners Trompete klingt die Bossa Nova, diese eigenständige brasilianische Form der Cool-Jazz-Sophistication, ebenso authentisch und melancholisch lasziv wie einst bei Stan Getz auf dem Saxophon. Mag das anfangs auch noch etwas nach Kleins Hollywood klingen, ist die Musik doch alsbald ganz in Rio angekommen; dort wurde das Album mit Meistern dieser Musik wie Milton Nascimento oder Sérgio Mendes und einigen wenigen US-Gaststars eingespielt, und das Ergebnis ist eine bezaubernde ganz und gar Rio-geerdete Musik. Die DVD der Deluxe Edition zeigt, wie herzlich und seelenverwandt es bei den musikalischen Begegnungen zuging.”

Randy Crawford & Joe Sample – No Regrets

Nach dem fulminanten Erfolg ihres Reunion-Albums “Feeling Good” landeten Sängerin Randy Crawford und Pianist Joe Sample mit “No Regrets” einen zweiten Geniestreich. “Sonntagmorgen, heißen Kakao trinkend, in der Badewanne liegend – danach klingt das neue Album von Soulsängerin Randy Crawford.”, meinte Jens Teschke auf www.netzzeitung.de. “Ganz neu ist die Idee nicht: Eine etwas in die Jahre gekommene Pop-Diva covert ein paar gut bekannte Songs und singt dazu noch ein paar neue Titel. Aber: Wenn die Pop-Diva Randy Crawford heißt und die Begleitmusiker unter der Regie von Joe Sample agieren, dann entsteht eben doch kein Allerweltsalbum, sondern eine Produktion, die mit jedem Song eine andere Stimmung erzeugt, ohne dabei zerfasert zu klingen. Selbst solche hundert Mal gehörten Songs wie ‘Respect Yourself’ und ‘Angel Of The Morning’ bekommen durch Crawford noch einmal ein neues Feeling. Begleitet von einem Quartett exzellenter Jazzer wie Steve Gadd am Schlagzeug, Christian McBride am Bass oder eben Joe Sample am Klavier klingen selbst Pop-Standards plötzlich ungewohnt jazzig und frisch. Die Tage des ‘Street Life’-Erfolgs sind schon länger vorbei, aber natürlich erinnert die Kombination der Namen Crawford und Sample sofort an den legendären Hit der Sample-Gruppe Crusaders aus dem Jahr 1979. Damals Disco, heute Jazz. Was heißt heute – schon vor zwei Jahren hatten Crawford und Sample mit ‘Feeling Good’ ein überaus geglücktes Album produziert. An diesen Erfolg wollen beide anknüpfen. ‘No Regrets’ ist eine geglückte Fortsetzung. Samples Arrangements bieten spannende Pianoläufe, unterstützen Crawfords rauh-samtene Stimme und aus den Händen von Top-Produzent Tommy LiPuma ist in den letzten Jahren noch nie etwas Falsches gekommen. Bisweilen gab es da zwar durchaus etwas überproduzierte Album, etwa von Diana Krall, aber bei ‘No Regrets’ stimmt vom Sound über Instrumentierung bis hin zur Song-Auswahl alles.In den Songs, genau die richtige Mischung aus Balladen und Uptempo-Nummern, geht es um Liebe und Traurigkeit und damit auch um die Genres Jazz, Blues und Soul. Dabei ist keine Nummer so laut oder nervig, daß man leiser drehen müßte oder skippen sollte. Und selbst wer Edith Piafs ‘Je ne regrette rien’ als unerreichbar und einzigartig ansieht, sollte sich die entspannte und gleichzeitig doch auch heroische Version ‘No Regrets’ anhören. Man wird es nicht bedauern.” – “Die beiden sind schon ein starkes Paar, der fast siebzigjährige Pianist und Songwriter Joe Sample und Sängerin Randy Crawford”, konnte man auf www.main-netz.de lesen:  “Vor fast drei Jahrzehnten landeten sie mit ‘Street Life’ einen Mega-Hit, aber sie haben sich nie auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Sind neugierig geblieben, und haben die große amerikanische Tradition des Songwriting nie aus den Augen verloren. Jetzt legen beide mit ‘No Regrets’ ein hinreißendes, wunderbar relaxtes Album vor – zwölf klassische Songs neu interpretiert. Beide müssen sich längst nichts mehr beweisen und können einfach nur Spaß an der Musik haben. Der Blues ist immer noch das Fundament für alles Weitere, wie gleich die ersten beiden Songs klarmachen, Aretha Franklins ‘Today I Sing The Blues’ und ‘Everyday I Have The Blues’ von Memphis Slim. Das ‘Moanin’‘, die Klage, ist für Joe Sample die Grundlage aller populären amerikanischen Musik geblieben. Aber Blues heißt hier nicht Trübsinn blasen, sondern sich auf eine ursprüngliche, starke Kraft beziehen, die tief empfunden wird. Aber natürlich hat Randy Crawford auch einige fetzige Soulnummern mit im Gepäck, das großartige ‘Respect Yourself’ von den Staple Singers, ‘Starting All Over Again’ oder ‘Lead Me On’ von Bobby Bland. Jazzig wird es dann bei ‘Me, Myself And I’, und bei einer Ballade wie ‘Just One Smile’ hätte man nicht unbedingt auf Randy Newman als Urheber getippt. Die Mischung stimmt auf ‘No Regrets’, einem Album zweier großer Interpreten, auf dem man einige Entdeckungen machen kann. Produziert wurde diese kurzweilige Reise durchs ‘Great American Songbook’ von dem legendären Grammy_Gewinner Tommy LiPuma, der für Alben wie George Bensons ‘Breezin’‘ oder Miles Davis ‘Tutu’ verantwortlich zeichnete.”

Nicola Conte – Rituals

“Natürlich liebe ich brasilianische Musik. Aber warum immer zuerst einmal Bossa Nova fällt, wenn man meinen Namen erwähnt, ist mir ein Rätsel”, wunderte sich der Italiener Nicola Conte vor einiger Zeit und legte im Jubiläsumsjahr der Bossa Nova mit “Rituals” ein Album vor, auf dem er zwar auch gelegentlich die brasilianische Musik streift, aber die Elemente von Jazz und Soul weitaus tonangebender sind. Rundum begeistert war von dem neuen Album der Rezesent von www.de-bug.de: “Der Vorgänger ‘Other Directions’ erschien immerhin auf Blue Note, nun also nach vier Jahren ein neues Lebenszeichen von Nicola auf Universal Jazz. Und was für eines! Der Kosmos hat sich seit ‘Jet Sounds’ aus 2000 deutlich verschoben, klar kann man zu den Kompositionen noch tanzen, aber der Jazzcharakter schwebt über allem. Natürlich hat sich Nicola nur die erste Garde von Jazzmusikern für sein neues Werk geschnappt, die Gastvokalistinnen können sich durchaus in die Reihe großer Jazzerinnen einreihen. Ein Album, das nachts in völliger Dunkelheit gehört, zu seiner wahren Größe erblüht. In einer schlaflosen Nacht fiel mir die CD in die Hände und versüßte mir die nächste Stunde. So sollte Jazz heute sein, voller Soul und Dynamik.” Carina Prange meinte auf www.jazz-dimensions.de “So wie das Tafelsilber nochmals geputzt, der Tisch gedeckt, die Speisen zubereitet wurden und die Gastgeber sich in Schale geworfen haben, sobald eine Familienfeier ansteht, hat es Nicola Conta für sein Album ‘Rituals’ getan: eine große Crew erstklassiger Interpreten und Instrumentalisten zusammen gesammelt, den Sound auf Hochglanz poliert und Lyrics nach altbewährten Vorbildern wie etwa Dylan Thomas geschrieben. Nicola Conte präsentiert uns hier ein Jazzalbum, das vor Stars und solchen, die es wahrscheinlich werden, nur so wimmelt: von Fabrizio Bosso über Greg Osby, Chiara Civello, Till Brönner und Philipp Weiss wird eine lange Liste von Musikern geschrieben. Conte selbst glänzt an der Gitarre, sieht sich in der Tradition von Barney Kessel oder Wes Montgomery. Durch das Großaufgebot von Musikern geht sein Gitarrenspiel allerdings meist im Rauschen der Klänge und Stimmen unter. Man kann das natürlich auch als Contes Bescheidenheit als Instrumentalist interpretieren… Wichtig zu erwähnen ist der New Yorker Sänger José James, der gleich dreimal seine schöne Stimme für diese CD-Einspielung leiht. Nicola Conte, der einst eine treibende Kraft im Fez-Kollektiv war, später als Remixer und Produzent wichtige Arbeit leistete, liebt den Soundtrack. Und so schwebt bei der CD ‘Rituals’, die sich locker und leicht im Bossa-Nova-Genre bewegt, stets auch ein Hauch von Filmmusik durch den Raum.”

Tok Tok Tok – She And He

Nach zehn Jahren unabhängiger Aufnahmetätigkeit spielte das mittlerweile zu einer kompletten Band angewachsene Duo Tok Tok Tok dieses Jahr sein erstes Album für Universal Music ein. “‘She And He’ ist das erste Album des Freiburger Duos unter den Fittichen von Universal Jazz – sieben Alben bei einem Independent-Label liegen hinter ihm”, wußte Michael Frost auf www.cd-kritik.de zu berichten. “Alben, mit denen (Saxophonist Morten) Klein und (Sängerin Tokunbo) Akinro außerordentlich erfolgreich waren: In Deutschland und Frankreich erhielten sie dafür Kritikerpreise; ihre Musik, weil ebenso eingängig und gefällig wie auch intelligent konzipiert und überzeugend umgesetzt, ist fester Programmpunkt der Jazz-Radiosender. Daran wird sich auch mit ‘She And He’ nichts ändern, vielleicht im Gegenteil: Selten hat man gerade in Deutschland so entspannte und ausgeruhte Klänge im Grenzbereich zwischen Jazz, Blues und Soulpop vernommen. Alle 14 Songs wurden von Morten Klein und Tokunbo Akinro selbst geschrieben. Ihr gemeinsames Thema ist die Liebe zwischen Frau und Mann: ‘She And He’. So entstanden Songs mit ganz unterschiedlichen Facetten: mal mit coolem Groove wie der Titelsong, oder, direkt davor, als samtweiche und intime Ballade: ‘Our Little Song’. Die Bandbreite des Duos ist beeindruckend, und die Arrangements sind – wie von Morten Klein in obigem Zitat versprochen – ‘kompakt und gebündelt’ im positiven Sinne: ‘She And He’ benötigt überhaupt keine aufsehenerregenden Elemente, sondern verläßt sich lieber auf ein durchgängig gehaltenes – hohes – Niveau, die Reduktion auf die wesentlichen Details und die Intuition der Sängerin und der Instrumentalisten. Das Ergebnis kann sich in jeder Hinsicht hören lassen: Jede Angst, die Verlagerung des Schwerpunkts weg vom puren Jazz führe geradewegs in die Beliebigkeit, ist bei Musikern ihres Formats unbegründet. So liegt auch trotz – oder gerade wegen – zehn gemeinsamen Jahren als Duo noch jede Menge Zukunft vor Tok Tok Tok.” Die Nachrichtenagentur DPA wiederum schrieb: “Das wirklich universelle Thema der Liebe – nur sie und er – ist es, was Tok Tok Tok auf dem aktuellen Album ‘She And He’ beschäftigt. Verschiedene Geschichten darüber, was so alles passieren kann. Es geht um die schönen und auch weniger schönen Momente in Beziehungen. Zutreffend stellt dazu Sängerin Tokunbo Akinro fest: ‘Es kann nicht genug Liebeslieder geben.’ Doch geht es nicht nur um traute Zweisamkeit, auch anklagende und provozierende Zeilen finden sich im Liebesreigen der Songs des kleinen Musikkollektivs, das es bereits seit zehn Jahren gibt. Im Opener kommen Tok Tok Tok gleich zur Sache: ‘Although He Hurts Me’, ein Soul-Jazz-Stück, das keine Illusionen wecken will – ganz im Gegensatz zur verträumten Ballade ‘The Daydream’. Atmosphärisch dicht erklingt ‘The Love We Share’ und sehnsüchtig ‘Longing For Brad’, bevor die Beziehungskiste von ‘Lewis & Ruth’ wieder für etwas mehr Nüchternheit sorgt. Es geht um Härten des Liebens (‘Living Hell’), Unentschlossenheit (‘Crash Crush’), Ängste (‘Vertigo’), Geheimnisse (‘Harmless In The Beginning’), das Aus (‘The Game Is Over’) und natürlich um ‘She And He’.  Das Album wirkt dichter als seine Vorgänger und geht mit Soul-Jazz, Latin, Funk und Bossa Nova auch mehr in die Breite als die sieben Vorgänger, wobei Tok Tok Tok wie immer viel Wert darauf gelegt haben, daß sich Gesang und Groove die Waage halten.”

Jazzanova – Of All The Things

Mit seinem zweiten Album “Of All The Things” sorgt das sechsköpfige Berliner DJ- und Produzentenkollektiv Jazzanova längst nicht nur in Deutschland für Furore. John Bush, Kritiker des amerikanischen Musikportals All Music Guide, war von dem Album so begeistert, daß er befand, Jazzanova habe mit “Of All The Things” nicht nur eines der besten Soul-Alben der letzten Jahre abgeliefert, sondern wohl auch eines der besten aller Zeiten. Viereinhalb von fünf möglichen Sternen strich Jazzanova dafür ein. Die Feuilletonredaktion des Deutschlandradios, die “Of All The Things” zur CD der Woche wählte, ließ gleich drei Redakteure ihr Urteil abgeben: “Wer noch immer denkt, Musik mit elektronischen Beats müsse gefühllos und stumpf sein, wird vom neuen Jazzanova-Album von diesem Vorurteil befreit”, machte Thorsten Bednarz klar. “Sicher zielt es auf den ‘Dancefloor’ in den Clubs ab, hat darüber hinaus aber auch die Qualität und den Anspruch, den Soul und Funk der späten 60er Jahre in die Jetzt-Zeit zu katapultieren. Ein Muß für Eltern- und Kindergeneration gleichermaßen.” Seine Kollegin Susanne Burg sekundierte: “Mit Jazzanovas neuem Album ‘Of All The Things’ wird deutlich, wie sehr sie als Musiker international in der ersten Liga mitspielen. Warmer Soul zieht sich durchs ganze Album und schaut zwischendurch beim HipHop, Funk, Bossa Nova und Jazz vorbei. Beseelt, vielschichtig, unberechenbar und gleichzeitig von klassischer Schönheit.” Und Veronika Schreiegg meinte abschließend noch: “Mit ‘Of All The Things’ kratzen Jazzanova endlich an ihrer über die Jahre liebgewonnenen Soundtapete. Fantastische Gastsänger bereichern zudem das Album, verleihen den Songs nicht nur mehr Soul und Wärme, sondern auch mehr Songsstruktur als bisher gewohnt. Damit ist das Album ein großer Schritt, der das DJ-Kollektiv raus aus den Szenecafés und Clubs führt, hinein in die Konzerthallen und in die Wohnzimmer erwachsen gewordener Fans.” Vollkommen begeistert war auch Uwe Buschmann in Intro: “Tracks oder Remixe von Jazzanova befinden sich in den Plattenkoffern der größten DJs der Welt. Und auch diesmal ist viel drin für alle. Man sagt’s ja nicht so oft, aber das hier ist ein großes Werk. Liegt natürlich nicht nur daran, daß die Songs genauso top sind wie die Gästeliste (u. a. Soul-Legende Leon Ware); vielmehr ist das alles so zeitlos groovig, funky und dope, daß man echt Gefühle bekommt. Wie bei einer sanften Droge, welche im Kopf langsam eine wunderbare Zeitreise auslöst, geht’s ab durch die Musikgeschichte: Jazz, Funk, Soul, The Sound Of Philadelphia, Pop, Singer/Songwriter, HipHop … Beatles, Sly Stone, Stevie Wonder, Al Green, Marvin Gaye, Curtis Mayfield etc. Perfekt und frisch – und ich lüge nicht!”

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