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Nobuyuki Tsujii feiert sein DG-Debut mit Beethoven

Nobuyuki Tsujii Website
© Harald Hoffmann
02.12.2024
Die “Hammerklaviersonate” von Ludwig van Beethoven auf ein Debutalbum zu setzen, ist zweifelsohne ein Statement, schließlich zählt sie zu den komplexesten und schwersten Werken der Klavierliteratur. Im Falle von Nobuyuki Tsujii aber ist diese Werkwahl nur konsequent, schließlich begeisterte der japanische Pianist mit eben jenem Werk sein Publikum beim Van-Cliburn-Wettbewerb, den er 2009 gewann. Nun ist das erste Album des Künstlers bei Deutsche Grammophon erschienen und beinhaltet neben Beethovens Sonate zudem Liszts Klaviertranskription des Liederzyklus “An die ferne Geliebte”. Die Aufnahme ist am 29. November 2024 weltweit digital und auf CD in Japan erschienen. International kommt die CD am 21. März 2025 heraus.

Anderer Blick auf die Welt

Nobuyuki Tsujii ist von Geburt an blind. Damit einher geht ein anderer, tieferer Blick auf die Welt, verbunden mit einer ungemeinen Musikalität, die er schon von Kindheit an in sich trug. So spielte er bereits im Alter von nur zwei Jahren Melodien auf einem Spielzeugklavier, als seine Mutter daraufhin in ein richtiges Instrument investierte, machte er schon bald rasche Fortschritte und bekam zwei Jahre später seinen ersten Klavierunterricht. Von Beginn an lernte er die Stücke nach Gehör, zudem begann er bald selbst mit dem Komponieren. Sein herausragendes Talent und seine besondere Interpretationskraft machten Nobuyuki schnell auch über Japan hinaus bekannt. 2005 erreichte er das Halbfinale des Internationalen Chopin-Klavierwettbewerbs, vier Jahre später wurde er beim Van-Cliburn-Klavierwettbewerb mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, was ihm im eigenen Land Popstarstatus einbrachte. Seither ist Tsujii zu Gast in den wichtigsten Konzertsälen der Welt, darunter die Carnegie Hall in New York, die Wigmore Hall und die Royal Albert Hall in London, das Théâtre des Champs-Élysées in Paris und die Berliner Philharmonie.

Die “Hammerklaviersonate” – ein pianistischer Gipfelsturm

Die Sonate Nr. 29 in B-Dur, op. 106 ist unter allen 32 Klaviersonaten Beethovens sowohl technisch als auch mental fraglos die anspruchsvollste für den Interpreten. Beethoven komponierte dieses monumentale und in jeder Hinsicht radikale Stück 1817 in einer Zeit persönlicher Not und künstlerischen Stillstands. Seine Vollendung allerdings brach einer neuen Phase unvergleichlicher Kreativität Bahn. Der Name der Sonate wurde durch das Hammerklavier inspiriert, auf dem Beethoven damals arbeitete und dessen Fülle an Klang direkt in die Komposition einfloss. Während die Partitur vielen seiner Zeitgenossen unspielbar erschien, war es schließlich Franz Liszt, der die Sonate fast ein Jahrzehnt nach dem Tod des Komponisten uraufführte. Für Nobuyuki Tsujii war die Auseinandersetzung mit dem Meisterwerk ein Kraftakt. “Es ist ein so langes Werk, dass es sehr schwer ist, die Konzentration zu halten. Ich habe viel Zeit mit der Vorbereitung auf die Aufnahme verbracht und hatte vor allem mit dem dritten Satz zu kämpfen. Man kann sich die Musik nicht ohne Weiteres zu eigen machen, aber je häufiger man sie spielt, desto tiefer empfindet man sie. Aspekte von Beethovens Erfahrung überschneiden sich mit meiner – er verlor sein Gehör und schrieb dennoch wunderbare und sehr schwierige Stücke wie diese Sonate. Auch deshalb habe ich mit größtem Respekt daran gearbeitet.”

“An die ferne Geliebte”

Neben der “Hammerklaviersonate” ist auf dem Debutalbum die Transkription des Liederzyklus “An die ferne Geliebte” durch Franz Liszt zu erleben, die dieser 1816 geschrieben hat. Der feinsinnige Liederkreis beginnt im ersten und schließt im letzten Lied in derselben Tonart (Es-Dur) und lässt melodische Anklänge des Anfangs am Ende wiederkehren. Liszt hat die Komposition in seiner Bearbeitung nicht virtuos ausgedeutet, sondern vielmehr die Einfachheit und fühlbare Sehnsucht bewahrt, die aus dem Original sprechen und die sich in der Interpretation des Pianisten berührend widerspiegeln. Um den Hintergrund der Musik zu erfassen, hat sich Tsujii im Vorfeld intensiv mit den Versen zu den sechs Liedern auseinandergesetzt. “Die Texte haben mich sehr berührt”, sagt der Pianist, “meines Erachtens kann dieser ausdrucksstarke Zyklus die ›Hammerklaviersonate‹ wunderbar ergänzen.”

Ungeahnte Klangfarben

Wie farbenreich, präzise und tiefsinnig Nobuyuki Tsujii die Werke Beethovens mal im Original, mal in der Bearbeitung durch Franz Liszt ausdeutet, ist ein Erlebnis. Dabei beschwört der Interpret auch in vermeintlich bekannten Passagen ungeahnte Klangfarben herauf und zeugen seine Interpretationen von großer Demut und kluger Reife zugleich.