Erschienen ist bereits eine Box, die auf 10 CDs alle Solo-Klavieraufnahmen zusammenfasst, die Radu Lupu im Laufe seiner glänzenden Karriere für die Plattenfirma Decca verwirklichte. Es ist ein Schatz famoser Interpretationen von klassischen und romantischen Meisterstücken, die der öffentlichkeitsscheue und mit sich selbst ungemein kritische Rumäne für die Nachwelt festgehalten hat. Die „Complete Decca Concerto Recordings“ setzen diese aus Anlass seines Geburtstags initiierte Werkedition mit 6 CDs und weiteren Klassikern des Repertoires von Mozart und Beethoven bis Schumann und Grieg fort. Dabei handelt es sich um längst berühmt gewordene und viel prämierte Einspielungen aus den Jahren 1971 bis 1986, die in ihrer Qualität bis heute nicht wirklich eingeholt wurden, weder von Kollegen des Pianisten, noch von ihm selbst mit späteren Versionen. Denn Lupu ist ein Skeptiker. Seine letzten offiziellen Studioaufnahmen wurden 1995 veröffentlicht, seitdem muss das Publikum mit den vorhandenen Meisterwerken oder mit Konzerten Vorlieb nehmen. Denn der Meisterpianist misstraut der Archivierung, nicht weil er sie fürchten müsste, sondern weil sie ihn einschränkt und gehemmt werden lässt.
Und genau genommen hat er mit seiner sagenhaften Karriere bereits mehr erreicht als die meisten Koryphäen seiner Zunft. Im rumänischen Galati geboren, unterrichtet von Florica Muzicescu, die bereits Dinu Lipatti auf den Weg gebracht hatte, schaffte er 1961 durch ein Stipendium, in Moskau von Heinrich Neuhaus unter die Fittiche genommen zu werden. Der Junge aus der sozialistischen Provinz gewann 1966 den Van Cliburn-Wettbewerb, 1967 den Enescu-Wettbewerb und 1969 die Ausscheidung im englischen Leeds. Spätestens nach dieser Serie von Erfolgen konnte er sich nicht mehr vor der internationalen Szene verbergen und wurde zum Teil des Konzertlebens. Sein Repertoire setzte sich bevorzugt aus Klassikern der Klavierliteratur zusammen, vor allem Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und Brahms übten auf ihn eine enorme Faszination aus. Er ließ sich Ende der Sechziger in London nieder, arbeitete von da an mit zahlreichen großen Orchestern und berühmten Dirigenten von Daniel Barenboim bis Herbert von Karajan. Und bis zum Jahr 1994 setzte er sich auch immer wieder mit Aufnahmen auseinander, die er für die Decca verwirklichte und die nicht selten mit begehrten Preisen der Szene wie dem Grammy Award oder dem Edison Award ausgezeichnet wurden.
Die sorgfältig edierte, remasterte und ausführlich kommentierte Box mit den „Complete Decca Concerto Recordings“ präsentiert Radu Lupu nun noch einmal mit seinen Meisterstücken aus der produktivsten Phase seiner Laufbahn. Die Interpretation der fünf Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven beispielsweise brachte ihn mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Zubin Mehta zusammen. Mozarts Klavierkonzerte KV 467 und KV 414 wiederum führten ihn an die Seite des English Chamber Orchestras unter Uri Segal, für das mächtige „Klavierkonzert Nr. 1“ von Johannes Brahms bevorzugte er das London Philharmonic Orchestra unter Edo de Waart und die beiden wohl bekanntesten Klavierkonzerte der Romantik von Robert Schumann und Edvard Grieg spielte er ebenfalls mit den Londonern, diesmal aber unter der Leitung von André Previn ein. Alle Aufnahme zeichnen sich durch die für Lupu typische Mischung aus Präsenz, Farbenpracht und Transparenz des Klanges aus, die ihn zu einer Autorität der Klavierkunst haben werden lassen, an der auch nach Jahren des Rückzugs nicht zu rütteln ist.