Rafał Blechacz zählt längst zu den führenden Chopin-Interpreten seiner Generation und hat sich seit seinem Sieg beim Chopin-Wettbewerb 2005 stetig weiter intensiv mit dem polnischen Tonschöpfer auseinandergesetzt. Nun hat er bei Deutsche Grammophon ein neues Chopin-Album veröffentlicht, das die zweite und dritte Klaviersonate Chopins vereint. Das Album ist am 3. März in allen Formaten erschienen.
Blechacz und Chopin – eine lebenslange Liebe
Von Kindesbeinen an hat die Musik Frédéric Chopins Rafał Blechacz fasziniert und schon früh hat der Pianist die Klavierwerke des Komponisten für sich entdeckt. 2005 folgte dann der internationale Durchbruch und Blechacz gewann als erst vierter polnischer Preisträger den Internationalen Chopin-Klavierwettbewerb in Warschau. Seither hat sich der Pianist noch intensiver mit Chopins Tonsprache beschäftigt und ist gleichzeitig freier geworden in seiner eigenen Interpretation der Meisterwerke. So sagt der Musiker: “Es kommt mir so vor, als hätte ich mit diesen Werken einige Abenteuer durchlebt, bevor ich sie aufgenommen habe. Ich gehe heute freier um mit dem Tempo rubato, mit dynamischen Kontrasten und emotionalen Extremen, und vielleicht wage ich an manchen Stellen auch mehr. Ich wollte nicht länger warten mit dieser Einspielung.”
Pianistische Meisterwerke auf dem Programm
Mit den Klaviersonaten Nr. 2 und Nr. 3 stehen zwei pianistische Meisterwerke im Zentrum des Albums, die Blechacz schon seit seiner Jugend begleiten. Von ihrer formalen Anlage entsprechen beide noch der klassischen Sonatenform, von ihrer emotionalen Tiefe und Ausdrucksfülle her aber tragen beide aus Sicht von Blechacz bereits den “Geist der Romantik” in sich.
Die Klaviersonate Nr. 2 in b-Moll wurde von Chopin 1839 komponiert und zeugt in ihren vier Sätzen von ausgesprochener Virtuosität, feiner Lyrik und packenden Tanzrhythmen. Der düstere langsame Satz ist der berühmte Trauermarsch, den Chopin ursprünglich als eigenständiges Stück konzipierte.
In der Klaviersonate Nr. 3 in h-Moll verknüpfte Chopin italienischen Lyrismus und kühne expressive Kontraste und schuf ein Werk von höchster musikalischer wie technischer Komplexität. Dabei schwanken die vier Sätze des 1844 vollendeten Werks zwischen düsterer Vorahnung und ausgelassener Freude und bringen dabei fast jedes nur denkbare Gefühl zum Klingen.
Als ergänzende Stücke hat Blechacz das ruhelose, von düsteren Vorahnungen erfüllte Nocturne op. 48 Nr. 2 und die Barcarolle op. 60 in Fis-Dur ausgewählt. Letztere ist für Blechacz ein Stück “italienischen Charakters”, “erfüllt von der sonnigen Atmosphäre Venedig” und unverkennbar geprägt von Chopins Liebe zum Belcanto.
Frei und ausdrucksstark – Rafal Blechacz‘ Interpretationskunst
Rafał Blechacz wartet lange, bis er eine Interpretation tatsächlich auch im Studio einspielt. So sagt der Pianist: “An Studioaufnahmen mache ich mich erst, wenn ich in vielen Konzerten Erfahrungen mit einem Stück gesammelt habe, also wenn ich es vor Zuhörern in der ganzen Welt, in unterschiedlichen Konzertsälen und auf diversen Flügeln gespielt habe. So habe ich bereits viele Abenteuer mit einem Werk erlebt, bevor ich es einspiele.” Das neue Album von Rafał Blechacz spiegelt diese jahrzehntelange Auseinandersetzung mit Chopins Werk eindrucksvoll wieder und offenbart einen Interpreten, der sich dabei einen ebenso intuitiven wie fundierten Zugang zu dem romantischen Tonmeister erarbeitet hat. So ist Blechacz‘ Deutung der Sonaten wie der kleineren Werke reich an Emotionen und Klangfarben und lotet er die Stücke in ihrer Dramatik vielschichtig aus. “Ich konnte diese außergewöhnlichen Werke im richtigen Moment meines Lebens aufnehmen, das macht mich sehr zufrieden. Die Schönheit dieser Kompositionen mit meinen Hörern zu teilen, war mir sehr wichtig”, so der Pianist selbst.