Mit der Stimme muss man vorsichtig sein. Denn schnell nimmt sie bleibenden Schaden, wenn sie nicht kompetent gepflegt wird. Deshalb hatte Rolando Villazón auch beschlossen, keine Kompromisse einzugehen, als im vergangenen Jahr eine Zyste von seinen Stimmbändern operativ entfernt werden musste. Er nahm sich die Auszeit der Rekonvaleszenz, bis nach Meinung der Ärzte alles komplett ausgeheilt war und nützte die Zeit, um sich auf seine Aktivitäten nach der Pause vorbereiten zu können. Resultat der Besonnenheit ist eine Reihe von Gastspielen, mit denen sich der mexikanische Tenor in diesen Tagen auf den Opern- und Konzertbühnen zurück meldet, und ein neues Album im Herbst.
Der Startschuss für die Auftritte 2010 von Rolando Villazón fiel am 22. März an der Wiener Staatsoper. Dort präsentierte er sich erstmals nach der künstlerischen Pause wieder auf der Bühne und begeisterte sein Publikum. In der Besprechung des Abends in der Zeitung Die Presse hieß es: „Die Opernwelt hat einen ihrer beliebtesten Stars wieder: Der mexikanische Startenor Rolando Villazón (38) feierte in der Wiener Staatsoper nach längerer gesundheitsbedingter Karriere-Pause sein Bühnen-Comeback. Er sang in Gaetano Donizettis ‘L’elisir d’amore’ den Nemorino. Mit Erfolg, wie es der Jubel seiner Fans bestätigte. Villazón seinerseits herzte sein Publikum symbolisch und ging vor seinen Fans sogar auf die Knie. … Ein vollständig verzücktes Publikum hinterließ Villazón im zweiten Akt, als er die Parade-Romanze ‘Una furtima lagrima’ zum Besten gegeben hatte.“
Er ist wieder da, noch immer ein wenig vorsichtig, aber doch so gut in Form, dass er wenige Tage später gleich nach Berlin weiter reiste und an drei Abenden in der Staatsoper „Unter den Linden“ in Tschaikowskys „Eugen Onegin“ glänzte. Die Reaktionen von Publikum und Presse waren zwar nicht derart euphorisch wie in Wien, wusste aber differenziert mit dem pathetischen Werk und Villazón in der Rolle des sensiblen Lenski umzugehen. „Tschaikowskys Lenski, dieser todessüchtig-tragische Anti-Held, der gleich nach der Pause einem Duell zum Opfer fällt, bietet wenig Anlass für offenen Szenenapplaus. Insofern ist die Partie klug gewählt: kein belcantistisches Leichtgewicht (wie Nemorino) und doch, was die sängerische Verweildauer betrifft, überschaubar“, hieß es im Tagespiegel. „Vorsichtig, fast tastend und mit deutlich eingedunkeltem Timbre erobert er sich den Raum und die Musik, wie ein Hochseilartist, der zum ersten Mal nach einem kapitalen Fehler wieder hinauf in die Zirkuskuppel steigt“. Es war ein sorgsam balancierter und damit umso beeindruckenderer Opernabend, den das große Publikum in einem Nachschlag am 5. Juni zum Saisonabschluss mit einer Übertragung live auf dem Bebelplatz in Berlin erleben kann.
Zuvor aber ist Rolando Villazon noch mit einem anderen Programm an drei Abenden in Deutschland zu erleben. Diesmal singt er in Anknüpfung an sein Händel-Album Barockmusik, begleitet von Paul McCreesh und dessen Gabrieli Consort & Players, mit Arien des berühmten Komponisten, unter anderem aus „Xerxes“, „Cäsar in Ägypten“, „Tamerlan“ und „Ariodante“. Das erste Konzert findet am 26. April in der Hamburger Laeiszhalle statt, gefolgt von Baden-Baden (29. April) und München (10. Mai). Und nicht zuletzt hat der Tenor auch ein neues Album in Vorbereitung. Im Mittelpunkt steht die Musik seiner Heimat, Anlass ist das 200. Jahr der Unabhängigkeitserklärung Mexikos von Spanien. Rolando Villazón wird der faszinierenden Klangwelt des Landes auf CD wie mit einer Tournee die Referenz erweisen – ein spannendes Projekt, das den herausragenden Sänger aus einer weiteren, neuen Perspektive präsentieren wird. Weitere Informationen finden Sie auf seiner
offiziellen Seite.