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Sills thrills!

Vincenzo Bellini
29.07.2009
Für Vincenzo Bellini war es eine der kreativsten Schaffensphasen überhaupt. In kurzer Zeit hatte er „I Capuleti e I Montecchi“ und „La Sonnambula“ auf die Bühne gebracht, da stand mit „Norma“ noch das nächste Meisterstück des Belcanto an. Das tragische Melodram um die gallische Druidentochter und deren Verfehlungen im Angesicht der römischen Moral begeisterte bald nicht nur das norditalienische Bürgertum, sondern weltweit die Freunde virtuoser Opernkunst. Noch mehr als 140 Jahre nach der Uraufführung 1831 sorgte es dafür, dass Berverly Sills und Shirley Verrett eine der großen Erfolge ihrer Sängerinnenkarriere gelang, der nun erstmals auch auf CD erhältlich ist.

Vincenzo Bellini war ein Phänomen. Kaum zehn Jahre blieben dem Komponisten aus Sizilien, um seine Meisterwerke des Belcantos zu vollenden, bevor er noch vor seinem 34. Geburtstag im Herbst 1835 in der Nähe von Paris, für die meisten seiner Zeitgenossen überraschend, an den Folgen eines Leber- und Darmleidens starb. Manch einer munkelte sogar von einer Vergiftung, jedenfalls war die Bestürzung groß und die Trauerfeier im Invalidendom nahm Ausmaße eines Staatsbegräbnisses an. Vincenzo Bellini ähnelte damit aus heutiger Perspektive einem Popstar, zumindest wurde er wegen seiner Fähigkeit, bewegende und betörende Melodien zu schreiben, von den Opernfans der frühen Romantik inbrünstig verehrt. Und die Faszination hält an. Über wagnerschwere Jahrzehnte hinweg von der Nachwelt vergessen und seit Mitte des 20.Jahrhunderts Oper um Oper wiederentdeckt, hat  Bellini famose Dauerbrenner der Opernbühne wie „I Puritani“, „La Sonnambula“ oder „I Pirati“ geschaffen. Zumeist kooperierte er mit dem Librettisten Felice Romani und war inspiriert von den Stimmgrößen seiner Jahre wie der Sopranistin Maria Malibran und dem eng mit ihm befreundeten Startenor Giovanni Battista Rubini.

Eines seiner bekanntesten Werke ist dabei bis heute die hochdramatische Geschichte der gallischen Druidentochter Norma, die sich heimlich mit dem römischen Prokonsul Pollio liiert hat und in schwere, bis zur Selbstopferung reichende Gewissensnöte kommt, als die Verbindung bekannt wird. Es ist eine darstellerisch und musikalisch immens anspruchsvolle Rolle, der allerdings mit der jungen Priesterin Adalgisa, in die sich der untreue Pollio verguckt, vom Libretto eine mindestens ebenso tragische Frauenfigur zur Seite gestellt wurde – zwei starke Charaktere, die dementsprechend präsente Darstellerinnen brauchen, Künstlerinnen wie die Sopranistin Beverly Sills in der Titelrolle und deren Mezzo-Kollegin Shirley Verrett als Adalgisa.

Beide gehörten zur Zeit der Aufnahme Anfang der Siebziger zu den wichtigsten amerikanischen Sängerinnen ihres Fachs, waren Stars unter anderem der New Yorker Metropolitan Opera, bei denen man sicher sein konnte, dass sie den Anforderungen ihrer Rollen gerecht wurden. Als männliches Pendant wurde ihnen Enrico di Giuseppe zur Seite gestellt, am Pult des New Philharmonia Orchestra stand ein noch junger James Levine, der gerade auf dem Sprung zur Weltkarriere war. Das Original dieser historischen „Norma“ auf Langspielplatte erschien 1974 und wurde nun nach 35 Jahren auch in eine CD-Version verwandelt. Ein Klassiker, ein Sammlerstück und vor allem großartige Musik.