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Bezaubernde Intimität – Yuja Wang und Leonidas Kavakos spielen Brahms

Yuja Wang, Leonidas Kavakos
Decca/ © Ben Ealovega
27.03.2014
Johannes Brahms bezeichnete seine drei Violinsonaten als Sonaten „für Klavier und Violine“. Mit der Anzeige der Besetzung in dieser Reihenfolge ist er bewusst dem Beispiel seiner Vorgänger Mozart und Beethoven gefolgt, die damit unterstrichen, dass sich die Musiker in dieser Gattung als gleichberechtigte Partner begegnen sollen, statt der Geige als Solostimme Vorrang vor dem Klavier als Begleitinstrument einzuräumen.
Eine solche Rollenverteilung ist für zwei international gefeierte Virtuosen wie Yuja Wang und Leonidas Kavakos natürlich eine ideale Arbeitsgrundlage. Im Dezember 2013 nahmen die chinesische Pianistin und der Geiger aus Griechenland ihre Interpretation der drei Violinsonaten von Johannes Brahms auf. Ihre kongeniale musikalische Partnerschaft in Sachen Brahms hatte sich zuvor bereits bei einem umjubelten gemeinsamen Auftritt beim Verbier-Festival 2013 bewährt. Sie wird in dieser Einspielung für Decca dokumentiert, deren bezaubernde Intimität den lyrischen Gestus des Opus 78 ebenso einzufangen vermag wie die Feingliedrigkeit der zweiten und die drängende Kraft der dritten Sonate.
Brahms vollendete seine Violinsonate in G-dur op.78 im Jahr 1879. Ihr Beiname “Regenlied-Sonate” verdankt sich dem Umstand, dass der Komponist im letzten Satz zwei Melodien aus seinen eigenen “Regenliedern” op.59 Nr.3 und 4 zitiert. Wie ein roter Faden zieht sich ihr punktierter Rhythmus durch alle Sätze und verleiht der Sonate eine beeindruckende formale Geschlossenheit. An Clara Schumann, deren Sohn Felix, Brahms’ Patenkind, in der Entstehenszeit der Sonate verstarb, schrieb der Komponist mit Blick auf das Adagio: „Liebe Clara, wenn Du Umstehendes recht langsam spielst, sagt es Dir vielleicht deutlicher als ich es sonst könnte wie herzlich ich an Dich u. Felix denke“. Eine lyrische Grundstimmung und ein unablässiges Strömen der herrlichsten Melodien prägen dieses Werk.
Brahms' Urlaubsaufenthalt am Thunersee im August 1886 wird oft als „Kammermusik-Sommer“ des Komponisten bezeichnet. Angeregt von der idyllischen Alpenlandschaft des Berner Oberlandes schrieb er neben der zweiten Cello-Sonate op.99 und dem C-moll Klaviertrio op.101 auch die Violinsonate Nr. 2 in A-dur op.100 und damit drei seiner beliebtesten Kammermusikwerke. Die Violinsonate in A-dur ist eine der freudvollsten Schöpfungen des Komponisten. Zugleich stellt sie an das Zusammenspiel der Musiker höchste Anforderungen. Die gleichberechtigte Stellung von Klavier und Geige findet hier gegenüber der G-dur-Sonate eine nochmalige Steigerung. Brahms nutzt die in der Klassik entwickelte Kompositionstechnik des durchbrochenen Satzes. Bei der Darstellung der Themen und ihrer Verarbeitung greifen Klavier und Geige unablässig ineinander, statt dem Schema Solostimme und Begleitung zu folgen.
In Thun begann Brahms auch die Arbeit an seiner Violinsonate Nr. 3, die er dort jedoch erst zwei Jahre später, wiederum im Sommerurlaub, vollenden sollte. In ihrer formalen Anlange, die Sonate hat vier Sätze, und dramatischen – nervösen bis ungestümen – Grundstimmung unterscheidet sie sich deutlich von ihren beiden Vorgängern. Brahms widmete das Werk seinem Freund und Kollegen Hans von Bülow. Jener dürfte beim Durchblättern der Partitur einige Züge seines Charakters wiedererkannt haben, glaubt man den zeitgenössischen Kritikern, die in der Sonate ein musikalisches Porträt des temperamentvollen Dirigenten zu hören glaubten.

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