“Ora et labora” – “Bete und arbeite” ist das Credo der Zisterziensermönche. Jeden Tag stehen sie um 5:15 zum ersten Gebet auf – und zum Singen, denn die Musik prägt ihren Alltag. “
In domum Domini ibimus” (Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern) heißt der einleitende Vers im Wallfahrtspsalm 122, der die Brüder zu ihrem Album inspiriert hat und das außergewöhnliche musikalische Debüt eröffnet. Als Friedenspilger haben sich die
Zisterziensermönche von Stift Heiligenkreuz auf eine musikalische Wallfahrt mit jüdischen Freunden begeben – herausgekommen ist ein Album, das von besonderer Ausdruckskraft, tiefer Entspannung und wohltuendem Frieden getragen ist und darüber hinaus als einzigartiges
christlich-jüdisches Gemeinschaftsprojekt in diesen unruhigen Zeiten eine positive Botschaft in die Welt hinaus trägt.
Musikalisches Selbstverständnis
Die christlichen und jüdischen Melodien sind einfach und berühren dabei direkt das Herz. Im Hymnus
Urbs Ierusalem besingen die Mönche die himmlische Stadt Jerusalem und mit einem gemeinsamen Gotteslob vereinigen sich christlichen und jüdischen Musiker über ihren Gesang. Das Album-Projekt ist die Weiterentwicklung eines Wohltätigkeitskonzerts, das im vergangen Jahr am 9. November im Gedenken der Pogromnacht von 1938 in der Abtei Stift Heiligenkreuz stattgefunden hat. Inhaltlich daran anknüpfend wird “
Chant for Peace” zu einem weiteren symbolträchtigen Datum veröffentlicht, nämlich am 8. Mai 2015, dem 70. Jahrestag des Endes des zweiten Weltkriegs. Diese musikalischen Gesten der Versöhnung sind zutiefst bewegend und erweisen sich als bodenständiges und selbstverständliches Lebensprogramm der Zisterzienser. Diese Innigkeit transportiert sich durch die harmonische Einstimmigkeit der gregorianischen Choräle wunderbar über die Musik.
Ob in dem überschwänglichen Lobpreis Nunc dimittis, im Missa pro Virgine, in dem sich eine Braut in freudiger Erwartung ihres Bräutigams schmückt, oder in Psalmentexten, die sich mit omnipräsenten Themen wie Frieden, Verfolgung und Krieg auseinandersetzen – die Mönche und ihre jüdischen Freunde kreieren mit ihrem Gesang eine ganz besondere Stimmung, die einen beim Hören sofort in einen Sog zieht.
Sehnsucht nach Frieden
Faszinierend ist auch die Abwechslung, die das Album prägt. Die Besetzung wechselt zwischen dem Chor der Mönche und der Sängerin Timna Brauer mit dem Elias Meiri Ensemble. Sonore Männerstimmen lösen Timna Brauers sinnliche Frauenstimme ab, Latein und Hebräisch vermischen sich zu einem reizvollen Spiel der Kontraste verschiedener religiöser Traditionen und bringen mit den gregorianischen Gesängen und jüdischen Melodien gleichermaßen berührend die gemeinsame Sehnsucht nach Frieden und Erlösung zum Ausdruck. Der gregorianische Gesang von “Laetatus sum” berührt in der Verbindung mit dem alten sakralen jüdischen Lied “Anitzame” unmittelbar das Herz und öffnet musikalische Horizonte. Der Hymnus “Te Lucis Ante Terminum” überwältigt durch die Klangschönheit der zahlreichen Männerstimmen. Das musikalische Projekt “Chant for Peace” setzt ein wichtiges Zeichen und lässt etwas ganz Eigenes entstehen, das fernab aller Religionspolitik die Musik als ökumenische Sprache des Friedens einsetzt.