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Gefühlvoll und farbenreich: Das neue Album “The Seasons” von Bruce Liu

Bruce Liu June
© Sonja Mueller
01.11.2024
Mit dem Sieg beim Chopin-Wettbewerb 2021 wurde Bruce Liu schlagartig berühmt. Seither hat der kanadische Pianist chinesischer Herkunft mit seinen Konzerten und Alben eindrucksvoll an den Erfolg angeknüpft und zählt längst zu den spannendsten Interpreten seiner Generation. Erst jüngst wurde er für sein Debütalbum “Waves” mit dem OPUS KLASSIK als Nachwuchskünstler des Jahres ausgezeichnet, parallel dazu schnellten seine Streamingzahlen auf über 70 Millionen nach oben. Nun präsentiert Liu bei Deutsche Grammophon sein zweites Studioalbum “The Seasons”, für das er Klavierwerke von Peter Tschaikowsky eingespielt hat. Das Album wird digital, als Vinyl und auf CD am 1. November veröffentlicht.

Bruce Liu – ein Leben für die Musik und den Sport

Bruce Liu ist ein begnadeter Mittler zwischen den Welten. 1997 kam er als Sohn chinesischer Eltern in Paris zur Welt, zog im Alter von sechs Jahren mit seinem Vater nach Montreal, besuchte regelmäßig China und lernte wie nebenbei fließend Mandarin. So verbindet er heute europäische Raffinesse mit nordamerikanischem Elan und der langen Tradition der chinesischen Kultur in seiner Kunst und ist überzeugt: “Uns alle verbindet, dass wir uns unterscheiden”. Neben der Musik gehört der Sport zu seinen großen Leidenschaften. Sofern es sein dichter Tourneeplan zulässt, widmet er sich mit Ausdauer seinen Hobbys wie Schwimmen, Schach, Kartfahren oder Fußball und hat im vergangenen Juni nicht zuletzt seine Einspielung der Orchesterfassung von “Fire” veröffentlicht, dem offiziellen Song zur UEFA Euro 2024, produziert vom italienischen Trio Meduza.

“Die Jahreszeiten” – zwölf Kleinode von Tschaikowsky

Für sein neues Album hat sich Liu nun intensiv mit den Jahreszeiten von Peter Tschaikowsky auseinandergesetzt. Einst von der russischen Musikzeitschrift Nuvellist in Auftrag gegeben, wurden die Charakterstücke im Jahr 1876 Monat für Monat veröffentlicht. Gedacht waren die Stücke damals für Amateurpianisten und entsprechend liegt die Kunst weniger in der technischen Bewältigung der Werke, sondern in der feinsinnigen Ausdeutung. “Da es hier vergleichsweise wenige Noten gibt, muss man sich um jede einzelne kümmern”, sagt Liu. Jede Note müsse wirklich sprechen und mitunter komme es ihm so vor, als habe Tschaikowsky mit sich selbst gesprochen, als er die Stücke schrieb. “Das ist das Besondere an diesem Werk. Es verbindet das Volkstümliche, das auch seine Ballette inspiriert hat, mit der Brillanz und Extravaganz seiner Konzerte, doch hat es im Kern eine nachdenkliche und ruhige Grundstimmung”, so der Pianist.

Musikalischer Wandel durch die Jahreszeiten

Ebenso wie die unterschiedlichen Farbtöne und Stimmungen der einzelnen Monate und Jahreszeiten faszinieren, ziehen auch die musikalischen Ausdeutungen dieser durch Tschaikowsky in ihren Bann. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Stücke sehr von ihrem jeweiligen Grundcharakter. Da ist etwa das lebhafte Stück “August: Erntezeit” oder das feierlich-majestätische Stück “Dezember: Weihnachten”. Dann ist da die musikalische Widmung an den Oktober, für Liu ein Stück voller Schwermut, das den Gedanken an die kommende Kälte schon vorwegnimmt. Das wohl bekannteste Stück aus den Jahreszeiten ist “Juni: Barcarole”, das Liu schon als Kind für sich entdeckte und das ihn an ein Nocturne Chopins erinnert, frei und melodisch zugleich.
Ergänzend zu den Jahreszeiten findet sich auf dem Album als Bonustrack die Romanze op. 5, ein Werk, das einer Improvisation gleich erscheint und doch bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist. Die Deluxe Edition enthält zudem fünf Salonstücke, darunter Tschaikowskys Nocturne op. 10 Nr. 1 und sein “Un poco di Chopin“, der „Valse sentimentale op. 51 Nr. 2”, Rachmaninows Transkription des Wiegenlieds op. 16 Nr. 1 und Earl Wilds Transkription des “Tanzes der vier kleinen Schwäne” aus Schwanensee.

Hingebungsvoll und kontrastreich

“Für mich waren diese Aufnahmen ein Augenblick, in dem ich meinen Gefühlen nachgehen konnte”, hat Liu über seine intensive Auseinandersetzung mit Tschaikowskys Werken gesagt. Dieser emotionale Zugang und die bewegende Vielfalt an Stimmungen und Gefühlsmomenten spiegelt sich in seiner Interpretation der Jahreszeiten eindrucksvoll wider. So kontrastreich und unterschiedlich wie die Jahreszeiten selbst, erklingen die verschiedenen Charakterstücke Tschaikowskys in Lius Interpretation. Dabei zeigt sich der Pianist als Meister der feinen Nuancen und Zwischentöne und fächert Tschaikowskys einzigartiges Klavierwerk farbenreich auf.

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