Carlo Maria Giulini | News | Ein stiller Star im Rampenlicht – die Gesamtedition von Carlo Maria Giulini

Ein stiller Star im Rampenlicht – die Gesamtedition von Carlo Maria Giulini

Carlo Maria Guilini Complete Recordings bei Deutsche Grammophon
03.04.2019
Er war ein “Star ohne Skandale” (Deutsche Welle). Carlo Maria Giulini galt als ein durch und durch unbestechlicher Künstler, der einzig und allein durch seine musikalischen Leistungen Weltbedeutung erlangte. Der italienische Stardirigent “legte Einspielungen vor, die wegen ihrer interpretatorischen Überzeugungskraft und künstlerischen Klasse noch heute aus der Masse herausragen wie Berggipfel aus dem Hochnebel” (BR Klassik).

Bescheidener Dandy: Carlo Maria Giulini (1914–2005)

Giulini liebte das Understatement. Der allseits bewunderte Dirigent sah sich als Diener der Kunst. Als Genies ließ er Größen wie Beethoven oder Brahms gelten. Die nachschaffenden Künstler hingegen stünden in der Pflicht der Meisterkomponisten, denen sie alles verdankten. In seinen öffentlichen Verlautbarungen stets zurückhaltend, waren Giulinis Ansprüche am Pult von sehr hoher, ja extravaganter Qualität. Sein konservatives Image mochte zu seinem diskreten Auftreten passen.
Sein eigenwilliger musikalischer Stil, den er an Orten wie Los Angeles, Wien oder Berlin entfaltete, lässt sich damit nur unzureichend erklären. Giulinis großartige Aufnahmen bestechen durch ihre einzigartige Melange aus formvollendeter Eleganz, unerbittlicher Präzision und schwebender Leichtigkeit. Disziplin, Fleiß und Werktreue waren ihm zweifellos wichtig. Aber er war auch ein Mann, der loslassen konnte, wie eine legendäre Anekdote von Thomas Stevens eindrücklich beweist.
Der damalige Solo-Trompeter des Los Angeles Philharmonic berichtet im New York Times Magazine von einer Begegnung mit Carlo Maria Giulini auf der Autobahn, “und dann sah ich diesen Dirigenten-Charakter, den sich Fellini nicht besser hätte ausdenken können – großer Hut, Sonnenbrille, Schal – mit seinem Mercedes herumfahren”. Dieser sympathische Dandy, der heimlich genießt, hat der Nachwelt eine ebenso gediegene wie eigenwillige Diskographie hinterlassen.

Sehnsucht nach Tiefgang: Bleibende Aufnahmen

Davon zeugt eine gerade erschienene Ausgabe, die wegweisende Orchester-, Chor- und Opernaufnahmen des italienischen Stardirigenten versammelt, eindrucksvoll. Die limitierte Edition umfasst 42 CDs. Sie enthält sämtliche Aufnahmen, die Carlo Maria Giulini für Deutsche Grammophon und Decca getätigt hat, darunter Klassiker der Aufnahmegeschichte wie Giulinis Interpretation von Verdis Oper “Il trovatore” mit einem glänzend aufgelegten Plácido Domingo in der Titelrolle, Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 in A-Dur mit Vladimir Horowitz am Klavier oder Bruckners Sinfonie Nr. 9 in d-Moll in einer überzeitlichen Interpretation mit den Wiener Philharmonikern.
Den Löwenanteil der Ausgabe bildet romantisches und spätromantisches Repertoire der österreichisch-deutschen Tradition, sowie große geistlichen Werke, zu denen sich Giulini zeitlebens besonders hingezogen fühlte. Giulini widmete sich nach einer frühen Laufbahn als Bratschist und einer mittleren Ära als überaus erfolgreicher Operndirigent in einer dritten Phase seines Schaffens der großen Sinfonik Europas und geistlichen Schlüsselwerken der Tradition, wie den Requien von Verdi, Brahms oder Fauré. Sowohl auf dem sinfonischen als auch auf dem geistlichen Gebiet konnte er sein ernstes Temperament, seine Sehnsucht nach Tiefgang und ewigen Werten der Klangschönheit ideal befriedigen.
Wie die sangliche Qualität seiner späteren Orchesteraufnahmen zeigt, zehrte Giulini ein Leben lang von seiner Opernkarriere. Der italienische Dirigent konnte mit diskreten kantablen Mitteln noch den schwermütigsten Sätzen von Beethoven, Brahms oder Schubert eine eigentümliche Leichtigkeit abgewinnen. Das macht diese Ausgabe, der ein informatives Booklet mit einem kenntnisreichen Essay des britischen Musikschriftstellers Richard Osborne beigelegt ist und deren CD-Hüllen dem Cover-Design der Ersterscheinungen nachempfunden sind, zu einem sehr besonderen musikalischen Ereignis. Osborne stand in persönlichem Kontakt mit Giulini und trägt daher einiges Erhellende zu seiner Persönlichkeit bei.

Vier Alben hochauflösend gemastert erstmals zum Download und Streaming

Parallel zur CD-Box erscheinen vier Alben erstmals in hochauflösender Qualität im MfiT- bzw. High-Definition-Format. Diese sind bei allen den gängigen Download- und Streamingportalen erhältlich. Zwei davon legen das Augenmerk auf Beethoven. Giulini hat mit dem Los Angeles Philharmonic mitreißende Interpretationen der Sinfonien Nr. 3 in Es-Dur (“Eroica”) und Nr. 6 in F-Dur (“Pastorale”) des Wiener Klassikers vorgelegt. Dasselbe gilt für bahnbrechende Aufnahmen, die der italienische Stardirigent mit dem Chicago Symphony Orchestra verwirklicht hat: Seine Einspielungen der Sinfonien Nr. 4 in c-Moll (“Die Tragische”) und Nr. 8 in h-Moll (“Die Unvollendete”) von Franz Schubert und der Sinfonie Nr. 9 von Gustav Mahler gelten als unübertroffen.
 

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