Am 26. Juni 2023 wäre einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhundert Neunzig Jahre alt geworden: Claudio Abbado. Ungezählt die Abertausenden, die er nach seinen Konzerten, beseelt von der Musik, in den vielen Konzertsälen dieser Welt zurückließ. Ganz zu schweigen von den Musikern, die ihm auf seinen musikalischen Entdeckungsreisen nur begeistert folgten, inspiriert von Abbados Suche nach dem Wesentlichen in der Musik, animiert von seinen filigranen, unverwechselbaren Gesten, mit denen er alle Aspekte einer Partitur – ob von Mozart, Mahler oder Nono – zeigen konnte. Dass er meist auswendig dirigierte war Ausdruck dessen, dass er die Partitur verinnerlicht hatte – nicht mehr und nicht weniger. Dabei beschränkte er sich nie auf das Geben von Einsätzen der verschiedenen Instrumente. Immer beschwor er den gemeinsamen Atem, das gemeinsame Erleben von Klang und Stille, gleich, ob bei sinfonischen oder Operproduktionen: “Claudio brauchte nicht viel zu reden, denn er war ein so herausragender Musiker, dass wir schon mit einer kleinen Geste wussten, was wir zu tun hatten”, erinnerte sich zum Beispiel Teresa Berganza an die “Carmen”-Produktion.
Claudio Abbado als einen “musikalischen Weltbürger” zu bezeichnen, wäre nicht übertrieben. Rastlos, bis zu seinem Tod im Jahre 2014 arbeitete er an der Verwirklichung seiner musikalischen und klanglichen Vorstellungen – mit den Berliner und den Wiener Philharmonikern, dem London Symphony Orchestra, Lucerne Festival Orchestra, Chicago Symphony Orchestra, oder dem von ihm gegründeten Mahler Chamber Orchestra oder dem Orchestra Mozart.
Eine Edition, die ihresgleichen sucht
Mehr als vierzig Jahre haben Claudio Abbado und die Deutsche Grammophon zusammengearbeitet. In dieser Zeit, entstanden unfassbar viele Aufnahmen und die Liste der Künstlerinnen und Künstler, die dafür gewinnen konnte, liest sich wie das “Who Is Who” der Klassik-Welt. Aus Anlass des Jubiläums hatte die Deutsche Grammophon bereits im Februar eine streng limitierte und nummerierte Edition Claudio Abbados mit sämtlichen Aufnahmen für die Label Deutsche Grammophon, Decca und Philip veröffentlicht.
In ihrem Umfang und ihrer Ausstattung sucht diese Edition ihresgleichen: 258 CDs plus 8 DVDs, ergänzt durch sehr umfangreiches und informatives Begleitmaterial und einem sehr erhellenden Gespräch des Musikjournalisten Wolfgang Schreiber mit dem Maestro über Beethoven. Gerade so, als säße man mit ihm an der Geburtstagstafel – Buon 90esimo, Maestro!