Mit der 7. Symphonie gelang dem 60-jährigen Anton Bruckner der internationale Durchbruch. Zum Auftakt der Europatournee Daniel Barenboims und der Staatskapelle Berlin erscheint das überwältigende Werk nun in einer Liveaufnahme auf Deutsche Grammophon.
Text: Jörg Ehlert | Foto: Felix Broede
“Nur einen kenne ich, der an Beethoven heranreicht, und das ist Bruckner.” Diesen berühmten Ausspruch Richard Wagners stellten Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin im Juni 2010 in der Berliner Philharmonie gleichsam öffentlich unter Beweis: In sechs Konzerten an acht Tagen führten sie die Klavier- und Violinkonzerte Ludwig van Beethovens gepaart mit Anton Bruckners Symphonien 4 bis 9 auf. Für ihre in diesem Parforceritt abgelieferten Bruckner-Interpretationen sind der Dirigent und sein Orchester mit begeistertem Jubel und Kritikerlob bedacht worden.
Dreizehnminütige Ovationen
“Das Publikum, geradezu benommen von diesem Höhenflug, mochte sich bei den letzten Konzerten gar nicht mehr trennen von dem Ereignis: Jeweils dreizehn Minuten währte der Applaus nach Bruckners Achter und Neunter, fast, als hätte man eine Opernpremiere erlebt”, berichtete der hingerissene Rezensent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Und solchermaßen bestärkt begeben sich Barenboim und Staatskapelle nun mit sämtlichen Bruckner-Symphonien auf Konzerttournee durch Europa, zu deren Auftakt die Aufnahme der bis heute wohl beliebtesten 7. Symphonie Bruckners aus dem gefeierten Konzertmarathon im Sommer 2010 erscheint.
Bruckners Durchbruchswerk
Für Bruckner waren die Jahre vor der erstmaligen Aufführung dieser Symphonie von Mühsal und persönlichen Rückschlägen geprägt, denn das vom Brahms-Apologeten Eduard Hanslick dominierte Meinungsklima in Wien hatte sich seit Bruckners Wagner-Bekenntnis mehrheitlich gegen den Komponisten gewandt. Seine 5. und 6. waren hier nur unvollständig uraufgeführt worden und die mangels williger Dirigenten vom ungeübten Bruckner selbst geleitete Uraufführung der 3. Symphonie geriet zum größten Misserfolg im Leben des Komponisten. Doch die Siebente leitete den weit über Wien hinausreichenden Durchbruch des mittlerweile 60-Jährigen ein. Arthur Nikisch führte das Werk im Leizpiger Stadttheater in Anwesenheit Bruckners erstmals auf, mit überwältigendem Erfolg, der von der nächsten Aufführung in München sogar noch übertroffen werden sollte.
Elektrisierende Liveaufnahme
Die Liveaufnahme der Staatskapelle aus der Berliner Philharmonie fängt die packende Aufführung von Bruckners 7. Symphonie unter der Leitung Daniel Barenboims in ihrer tiefschürfenden Dramatik und epischen Größe ein. Der Tagesspiegel urteilte über dieses magische Konzertereignis: “[Barenboims] Bruckner wird sehr theatralisch konzipiert und ausgeführt, wie eine Oper ohne Text.” Die Wirkung der gewaltigen Orchesterblöcke sei elektrisierend gewesen, “als beobachtete man das Entstehen einer gotischen Kathedrale im Zeitraffer”, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Getragen vom Erfolg der Aufführungen im Sommer 2010 begeben sich Barenboim und sein Orchester nun auf Tournee mit den Symphonien Bruckners, die in einem Gesamtzyklus im Wiener Musikverein gipfelt.
Daniel Barenboim und Staatskapelle auf Tour mit Anton Bruckner in Deutschland und Österreich:
03.06.2012 Hamburg, Laeiszhalle (Bruckner: Symphonie Nr. 5)
04.06.2012 Berlin, Philharmonie (Bruckner: Symphonie Nr. 6)
05.06.2012 Berlin, Konzerthaus (Bruckner: Symphonie Nr. 6)
07.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 1)
08.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 2)
09.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 3)
11.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 4)
12.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 5)
13.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 6)
15.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 7)
16.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 8)
17.06.2012 Wien, Musikverein (Bruckner: Symphonie Nr. 9)