Jedes Jubiläum ist eine Herausforderung. Denn schließlich geht es nicht nur darum, einen großen Künstler und Komponisten wie in diesem Jahr Franz Liszt zu feiern, sondern auch um die Fähigkeit, dem bereits Gesagten etwas hinzuzufügen. Der Pianist
Daniel Barenboim machte sich daher ans Werk, zwei der zentralen Werke des romantischen Virtuosentums neu zu definieren, mit der Erfahrung eines der versiertesten Pianisten der Gegenwart.. Denn gerade im Fall von Franz Liszt dreht sich viel um den Begriff des Virtuosen, der von der Kritik durchaus auch abwertend gemeint sein konnte.
Damit aber ist es nicht getan. „Erst einmal muss man sich mit dem Begriff beschäftigen“, meint Barenboim. „Virtuosität heißt nicht nur Fingerfertigkeit, wie wir es heute oft verstehen. Das ist nur ein Aspekt des Begriffs. Virtuosität heißt auch, die gesamte Farbpalette, die zum Klavierspiel gehört, auszuschöpfen. Diese jedoch ist sehr eng verbunden mit der Natur des Klaviers verbunden, das primär eigentlich ein uninteressantes Instrument ist – was die Farbpalette angeht. Man kann mit einem Aschenbecher auf einer Taste einen Klang produzieren, nicht interessant, nicht schön, aber ein Klang. Die Neutralität des Klaviers ist genau das, was die Illusion von Farben erlaubt. Und das ist für mich die wahre Virtuosität, nicht nur die Kontrolle über Tempo und Dynamik, sondern auch die Millionen von Farben, die man auf dem Klavier als Illusion schaffen kann“. Das ist auch der Ansatz, mit dem Daniel Barenboim den beiden Großwerken der Klavierliteratur ungewohnte und packende Aspekte abgewinnt. Damit das funktionieren konnte, vertraute er einem der renommiertesten Klangfarbenarbeiter am Dirigentenpult die Leitung der Staatskapelle Berlin an.
Pierre Boulez, selbst als Komponist und Innovator einer der Pioniere des modernen Ensembleklangs, übernahm bei insgesamt fünf Konzerten im Frühjahr 2010 die Funktion, aus dem Notentext des Orchesters die dem Anspruch Barenboims entsprechende Transparenz und Vielfalt heraus zu locken. Gemeinsam gelang dem Team der Großmeister das Faszinierende der Runderneuerung der Klanggestalt der „Klavierkonzerte Nr. 1 und Nr. 2“ von Franz Liszt, die sie im Juni 2010 beim Klavier-Festival Ruhr in der Philharmonie Essen einem begeisterten Publikum präsentierten. Mit „The Liszt Concertos“ sind diese Höhepunkte des Klassikjahres nun auch für alle erhältlich, die in Essen nicht dabei sein konnten.