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Eleganz und Coolness – Das neue Rachmaninov-Album von Daniil Trifonov

Daniil Trifonov
© Dario Acosta
10.10.2018
Das Reisen gehört zum Schicksal großer Musikerpersönlichkeiten. Es ist Fluch und Segen in einem. Einerseits öffnet es den Horizont, weckt Sehnsuchtsgefühle und macht mit der landschaftlichen und kulturellen Vielfalt der Welt vertraut. Andererseits kann es, wenn die Heimat ferner rückt, auch schmerzhafte Gefühle auslösen. Bei Rachmaninov überwog die Wehmut, als er im amerikanischen Exil allmählich begriff, dass alle Rückwege in die Heimat verbaut sind.

Wehmut und Neugier: Sergei Rachmaninov

Zwar hatte der geniale Komponist und begnadete Klaviervirtuose in den USA große Erfolge, aber innerlich kam er nie dort an. Er fühlte sich fremd in den Staaten und lebte mit seiner Familie eher zurückgezogen. Andererseits integrierte er viele Eindrücke seiner auch vor dem Exil schon intensiven Reisetätigkeit in sein musikalisches Schaffen. “Sein Leben war das eines echten Kosmopoliten”, so Oscar Alan in seinem erhellenden Begleitessay zu Daniil Trifonovs neuem Rachmaninov-Album.
“Er hielt sich in New York auf, als George Gershwin den Jazz in den klassischen Konzertsälen heimisch machte, in Europa begegnete er Debussy und Ravel. Im Bereich der Malerei und der Literatur war er mit den Futuristen, den Dadaisten und den Surrealisten vertraut, und Rachmaninoff ließ sich – wie der Rest der damaligen Welt – von der phänomenalen Komik Charlie Chaplins verzaubern.”

Moderne Prägungen: Trifonovs Haltung zu Rachmaninov

Daniil Trifonov sind die modernen Prägungen Sergei Rachmaninovs wichtig. Für den jungen Starpianisten, der in der russischen Kultur- und Handelsmetropole Nischni Nowgorod aufgewachsen ist und heute in New York lebt, ist Rachmaninov alles andere als ein spätromantischer Nostalgiker, der die musikalischen Entwicklungen um sich herum verpasst hat. Deshalb möchte Trifonov mit seinem Album-Projekt “Destination Rachmaninov” auch die Modernität Rachmaninovs demonstrieren.
Dass er hierfür ein besonderes Gespür hat, beweist er eindringlich mit seinem neuen Album, dem ersten Teil seines zweiteiligen Albumprojektes, das der Einspielung aller vier Klavierkonzerte von Rachmaninov gewidmet ist. “Destination Rachmaninov – Departure” enthält das zweite und vierte Klavierkonzert sowie eine Bach-Transkription des russischen Komponisten. Eine erstaunliche Entspanntheit durchweht das Album, ohne dass dadurch auch nur ein Minimum von der leidenschaftlichen Heftigkeit Rachmaninovs genommen wäre.  

Eleganz und Coolness: “Destination Rachmaninov – Departure”

Trifonov balanciert geschickt zwischen der melodisch-lyrischen Klangsprache Rachmaninovs und dessen wuchtigen Akkordfolgen. Dazu trägt auch das Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin bei. Man merkt diesem hochsensiblen Klangkörper an, dass er den Geist Rachmaninovs, der in Philadelphia seine Spuren hinterlassen hat, atmet, so natürlich, so selbstverständlich spielt das Orchester auf.
Das erleichtert Trifonov, seine eigenen Akzente zu setzen. In dem berühmten Klavierkonzert Nr. 2 in c-Moll ist dies eine grundehrliche, gefühlsoffene Schlichtheit. Trifonov braucht keine großen Gesten, um die emotionale Intensität dieser ergreifenden Musik auszudrücken. Dem Klavierkonzert Nr. 4 in g-Moll verleiht er eine jazzige Coolness und urbane Grundstimmung.
In diesem neue Wege beschreitenden Werk sei, so Trifonov selbst, der “Einfluss der Filmmusik und des Industriezeitalters” deutlich spürbar. Tänzerische Eleganz und diskreter Humor vermitteln sich schließlich in Rachmaninovs Transkription von Bachs Partita Nr. 3 in E-Dur für Violine solo. Trifonov zeigt sich hier von einer verspielten, Leichtigkeit und Witz offenbarenden Seite.
 
  
 

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