Nach zehn Jahren hat der amerikanische Pianist und Komponist Dustin O´Halloran wieder ein Solo-Album unter eigenem Namen eingespielt. Produziert in Island, hat es den Titel “Silfur” und umfasst fünfzehn Stücke für Piano, darunter auch Neubearbeitungen einiger seiner bekanntesten Klavierwerke, vier Tracks haben zusätzliche Streicherarrangements. Mit “Silfur” tauche er ein in die Musik seiner Vergangenheit und versuche zu verstehen, was sich für ihn heute darin widerspiegelt, sagt O´Halloran über sein neustes Werk.
“Silfur” entstand auf Island
Seine Musik zu Sofia Coppolas “Marie Antoinette” machte ihn weltbekannt. 2017 nominierte man ihn und Hauschka mit dem Filmdrama “Lion” für einen Oscar. Er gewann einen Emmy für das Titelthema der US-Serie “Transparent”. Seinen jüngsten Score schrieb O´Halloran für den Film “Ammonite” mit Kate Winslet, der im August 2021 in die deutschen Kinos kommen soll.
Aufgewachsen in Los Angeles, begann O´Halloran seine Laufbahn im Ambient-Duo A Winged Victory For The Sullen. Sein erstes Solo-Album entstand ganz abgeschieden in einem kleinen Ort in Norditalien, danach zog er nach Berlin. Wegen der Corona-Krise war er 2020 mit seiner Familie im Zweitwohnsitz Reykjavík gestrandet, wo er “Silfur” einspielte. Die Isolation entpuppte sich als Segen. “Island hat eine ganz besondere Schwingung”, sagt er. “Die Abgeschiedenheit, die Landschaft, die Vulkane, es ist spürbar.”
Anfang und Ende von “Silfur” bilden zwei neue Kompositionen
“Silfur” enthält brandneue Versionen seiner unverwechselbaren, gefühlvollen, dabei glasklaren Melodien. Sie stammen aus den Alben “Piano Solos Vols. 1 & 2” (2004, 2006), “Vorleben” (2010) und “Lumiere” (2011). Den Anfang und das Ende von “Silfur” bilden zwei neue Kompositionen. Das getragene, innige, sehnsuchtsvolle Stück “Constellation No. 2” komponierte O´Halloran für Piano, Cello und Electronica, gemeinsam mit der isländischen Cellistin Gyða Valtýsdóttir. “Ich kenne Gyða schon länger. Das Stück hatte ich mit ihr bereits in Berlin geschrieben”, erzählt der Künstler, “die Stadt, in der ich zehn Jahre zuhause war. Es ist gewissermaßen ein Adieu an diese schöne Zeit”.
Weitere Mitwirkende auf “Silfur” sind das
Siggi String Quartett und der Violinist
Bryan Senti. Der Berliner Toningenieur
Francesco Donadello (
Ludovico Einaudi,
Jóhann Jóhannsson u.v.a.) und der isländische Musiker
Bergur Þórisson (Björk) haben das Album co-produziert. Ganz bewusst wählten sie besondere Aufnahmeorte in Island, darunter die hölzerne Fríkirkjan-Kirche in Reykjavík, sie hat eine bestechende Akustik. Die Aufnahmen machten sie mit analogem Vintage-Equipment.
“Komponisten halten die Zeit fest”, beschreibt O´Halloran, “aber Zeit ist fließend”
O´Halloran hat sein Album nach einem isländischen Kristall, dem Silfurberg, benannt. “Ein Silfur hat die einzigartige Eigenschaft, das Licht, das auf ihn trifft, zweifach zu brechen”, erklärt er. “Er macht mit dem Licht genau das, was ich bei der Zeit empfinde. Es spaltet sie in zwei Teile, aber im selben Moment: Gegenwart und Vergangenheit. Für mich war das eine schöne Art, das Album zu betrachten.” Visuelles Pendant zu “Silfur” ist ein Video, das die junge isländische Fotografin Anna Maggý zum Stück “Constellation No. 2” angefertigt hat. Mikroskopisch nahm sie dort die Oberflächen einiger isländischer Edelsteine auf.
“Silfur” sei eine Rückkehr zum “Musikmachen um der Musik willen”, meint O´Halloran. Im “Zurückdrehen der Zeit” fand er Zugang zu einer “reinen, kompromisslosen Sprache”, ohne die Bilder, ohne die Geschichten seiner Filmmusiken. “Manchmal können wir uns selbst nur verstehen, indem wir zurückblicken, und hoffentlich finden wir dann den roten Faden, der bestimmt, wer wir sind und wer wir immer waren.” Dustin O’Halloran veröffentlicht sein Debütalbum bei Deutsche Grammophon als eAlbum, CD und als Doppel-LP.