Wer selbst spielt, kennt das Problem: Flügel ist nicht gleich Flügel, auch wenn die Instrumente sich äußerlich ähneln. Es gibt gewaltige Unterschiede im Klang, in der Mechanik, manch einer spielt sich wie ein Steinbruch, andere wieder repetieren die Tasten so weich, dass man ins Stolpern kommen kann. Als Pianist nun aber ist man wesentlich darauf angewiesen, in was für einem Zustand sich das für ein Konzert angebotene Instrument befindet, schließlich entscheidet das über die Möglichkeiten des Ausdrucks, der Nuancierungen, im Extremfall sogar über die Spielbarkeit eines Werkes.
Und so kann es vorkommen, dass ein Künstler den Veranstalter darum bittet, ein Instrument auszutauschen oder konzerttauglich instand zu setzen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass gravierende Probleme auftreten könnten. Wie am vergangenen Samstag geschehen beim Festival “Prager Herbstes”, als die international renommierte Pianistin Hélène Grimaud den zur Verfügung stehenden Flügel beanstandete. In der Presseerklärung der Dresdner Staatskapelle heißt es dazu: “Der Direktor des Festivals ‘Prager Herbst’ wurde unmittelbar vor der Generalprobe gegen die Pianistin Hélène Grimaud ausfällig und beleidigend, nachdem sie den Zustand des Konzertflügels als unzumutbar beanstandet hatte. Entgegen den Vereinbarungen wurde Frau Grimauds persönlichem Klavierstimmer verweigert, den Flügel, der sich in einem sehr schlechten Gesamtzustand befand, für den lange ausverkauften Abend einzurichten, was die Pianistin beanstandete. Überraschend sagte der stark alkoholisierte Direktor daraufhin zuerst das Klavierkonzert, kurz darauf dann das gesamte Konzert ersatzlos ab. Nach Absprache mit dem Orchestervorstand trat Herr Luisi vor die Musiker und teilte ihnen diese Entscheidung des Prager Veranstalters mit. ‘Frau Grimauds Beschwerde war aus meiner Sicht absolut verständlich, die Reaktion des Veranstalters dagegen nicht nur ein völlig unangemessener Affront, sondern ein klarer Rechtsbruch. Die Beleidigung gegen Frau Grimaud war eine Beleidigung gegen das ganze Orchester’, so Luisi. ‘Für die Musiker und für Maestro Luisi war es sehr bedauerlich, das Prager Publikum nach Hause schicken zu müssen’, betonte Orchesterdirektor Jan Nast noch am Abend. Aus der bislang 460-jährigen Geschichte des Orchesters sei ihm ein solcher Fall nicht bekannt. Die erste Tournee des Orchesters unter seinem neuen Generalmusikdirektor, der Anfang September in Dresden feierlich in sein Amt eingeführt worden war, führt die Musiker am Sonntag weiter über Turin nach Wien, Frankfurt, Essen und Paris.”