Eine Möglichkeit, sich dieser Aufgabe zu widmen, ist die Beschäftigung mit der so genannten Wiener Klassik, also im Großen gesehen all dem, was im kulturellen Einflussgebiet der österreichischen Monarchie und deren Ausläufern entstand. Tatsächlich ist die musikalische und emotionale Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten dieses Repertoires immens, schließlich reichte das Kaiserreich bis weit in den Osten. Für Hélène Grimaud, die
französische Pianistin mit dem Gespür für Zusammenhänge, die Musik unabhängig von nahe Liegendem wie der Chronologie oder einer Künstlerbiographie klammern, verlaufen die Grenzen daher nicht nach der üblichen historischen Form, sondern innerhalb der emotionalen Räume, die die Komponisten entfalten können. Daher gehören die
erste und die
zweite Wiener Klassik für sie ebenso zusammen wie die Klangwelt der Metropole und die der Folklore, die ein Komponist wie Béla Bartók dem Volk abgetrotzt hat.
„Resonances“ nennt Hélène Grimaud ihr neues Solo-Programm, das sie nicht nur auf CD vorstellt, sondern in der nächsten Konzertsaison auch weltweit auf der Bühne präsentieren wird. Dabei spannt sie den Bogen von der „Sonate Nr. 8, a-Moll“ von
Wolfgang Amadeus Mozart über das gewaltige Pendant von
Franz Liszt in h-Moll bis hin zu
Béla Batóks „Rumänischen Volkstänzen“ und die beeindruckend klangmächtige „Klaviersonate Nr.1“ von
Alban Berg. Sie setzt zum einen auf Kontraste, die sich aus der Konfrontation der Werke ergeben und beim Hören neue Perspektiven des Verständnisses der Zusammenhänge ermöglichen. Auf der anderen Seite entfaltet sie aber auch die Gemeinsamkeiten der „Resonances“ zwischen den Stücken, die etwa im Zusammenwirken von Berg und Liszt sowohl in der Harmonik wie auch in Dynamik und Textur deutlich werden. Insofern ist Hélène Grimaud immer auch ein wenig Aufklärerin, die sich gegen Epochengliederungen ebenso wie gegen vorgeformte ästhetische Wertungen wendet.
Über Alban Bergs opulente Sonate beispielsweise meint sie: „Das in ein musikalisches Drama in der verkleinerten Form einer einsätzigen Sonate. Das Maximum des Ausdrucks jedoch scheint mir direkt von Herzen zu kommen – und das innerhalb eines Stücks von frappierend klarer Struktur“. Ähnliches könnte man auch über Liszts Klavierepos sagen, letztlich aber auch über die fragile Motivik bei Mozart oder das nur scheinbar Naive des vom Volk geschaffenen, hinter dem sich die Genialität von Bartók verbirgt. Hélène Grimaud macht daraus ausnahmslos mitreißende, beeindruckend virtuose gespielte Kunstwerke, die ihr mit jedem Ton Recht geben in der Behauptung, dass letztlich nur die Unmittelbarkeit der Emotion die Kraft der Musik bestimmt – ganz gleich, welcher Schaffensphase sie entsprungen ist.
Am 9.November wird Hélène Grimaud in der Berliner Philharmonie einen ganzen Abend mit ihrem neuen Programm bestreiten. Dafür hat die KlassikAkzente-Redaktion
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